Lesestoff

Was hat der Bibliothekar 2024 gelesen?

Es gibt den schönen Brauch am Ende des Jahres oder am Anfang des nächsten aufzuführen, welche Bücher im Verlauf des Jahres gelesen worden sind. Gerne möchte ich das für 2024 fortführen. Es ist so eine Art Büchertagebuch geworden.

Zusammenfassend habe ich 60 Bücher gelesen + 1x Hörbuch gehört = 61 , davon 53x Belletristik und 8x Sachbücher, davon 7x englischspr. Bücher, 22x waren Krimis, 10x Jugendbücher. 33 Bücher wurden von Frauen geschrieben, 24x von Männern, 4x waren Sachbücher mit mehreren Autor/innen.

1 – Im Januar habe ich mich an der Storysammlung „Abgekupfert“ von Val McDermid erfreut. Das Buch stammt aus den Beständen meines verst. Schwiegervaters Gerhard und ist in der vorl. Ausgabe bereits 2002 auf dt. erschienen. Ich bin nicht der ganz große Fan der Schottin, ihre Romane sind mir oft zu düstern, aber in „Abgekupfert“ erweist sie sich als Meisterin der kurzen Form. Das Spektrum der Geschichten reicht von humorvoll bis düster und ist irgendwie noch sehr weihnachtlich. Zwei Geschichten sind ganz offensichtliche Weihnachtskrimigeschichten, andere spielen zur Weihnachtszeit. Passte also noch ganz gut in die Jahreszeit bis zum 6. Januar. Ein lesenswertes Fundstück!

2 – Noch eine Krimistory-Sammlung im Winter. Dieses Mal etwas Spanisches bzw. Krimis aus Barcelona: „Stimme des Blutes: Petra Delicado ermittelt. 4 Kurz-Krimis“ von Alicia Giménez-Bartlett. Ich fand die Sammlung unterhaltsam und amüsant, oft etwas zu aufgetragen spanisch (nicht katalanisch) und nicht alle Fälle waren schlüssig. Auf jeden Fall war es ein schöner Ausflug nach Barcelona so für zwischendurch. Leider ist im Moment nichts mehr von ihr auf Deutsch lieferbar, aber vielleicht lohnt die Suche mal in irgendeiner kleinen Tauschbibliothek?

3 – Mit einem Krimi geht es weiter und zwar mit Ellis Peters und einem Band aus ihrer Inspektor-Felse-Reihe. Während ich „Das Rätsel der Treverra-Gruft“ sehr charmant fand, kam ich in „Der schmale Pfad“ nicht rein bzw. der Fall fesselte mich nicht. Die „Treverra-Gruft“ also ist ein richtig schöner Sommerkrimi und auch der Inspektor Felse macht zusammen mit Frau und Sohn Urlaub. Dabei wird er im Verlauf der Handlung zu einer Gruftöffnung einer bekannten historischen Gestalt im Urlaubsort in Cornwall eingeladen. Es wird eine Leiche entdeckt, allerdings nicht die, die seit mehr als 200 Jahren im Grab liegen sollte, sondern ein Mann, der erst vor kurzem einem Mord zum Opfer fiel. Inspektor Felse überläßt zwar der örtlichen Polizei die Ermittlungen, aber da auch sein Sohn Dominic Nachforschungen anstellt, kann er am Ende nicht anders und muß das „Rätsel der Treverra-Gruft“ lösen. Und wie immer bei Ellis Peters, bekommen sich am Ende die Liebenden, dieses Mal allerdings unter erschwerten Bedingungen.

4 – Jurij Brězans „Krabat oder die Verwandlung der Welt“ begleitetete mich die letzten Tage des Januars und den ganzen Februar hindurch. Die Geschichte von Krabat, dem Zauberer, und vom sorbischen Biologen Jan Serbin hat mich sofort gefesselt und trotz der vielen Zeitsprünge, Abschweifungen und Ausmalungen epischen Ausmasses blieb ich eine Zeitlang dabei, las es jedoch nicht zu Ende.

5 – Dem Krabat folgte Steffen Jacobsens „Roeben – Strafe muß sein“, eine Empfehlung von Frau Scheller, Buchhandlung Scheller, Heide, Büsum usw. Leider hat dieser erste Fall von Jakob Nordsted und Kommissarsanwärterin Tanya Nielsen nicht meine Gnade gefunden. Ich wurde gut unterhalten, aber es gab viele … ja, aber : Zu übertrieben waren die „Helden“, nach ihren Fähigkeiten, in denen sie die „besten“ waren, geradezu „Superhelden“; Die Auflösung des Rätsels wäre hervorragend und überraschend gewesen, wenn nicht der Autor kurz vor dem übertriebenen Finale, das ich nur noch gelangweilt gelesen habe, alles verraten (und verdorben hätte). Die Spannung hielt sich daher in Grenzen, was schade war. Aber Jacobsen neigt zu Schnellschüssen, denn auch in Liebesdingen wird schnell und heftig zur Sache gegangen. Dabei hätte er Nordsted und den Leser bez. seines Verhältnisses zur Nielsen noch ruhig drei Fälle schmoren lassen können. So ist dieser Fall in jeglicher Hinsicht ein Rohrkrepierer.

6 – Franco Lucentinis „Der unbekannte Begleiter“ habe ich nur aus dem Regal geholt, um noch einmal den Anhang zu lesen, den Teil, den Carlo Fruttero über Franco Lucentine verfaßte. Beide traf ich auf einer Lesung in der Romanistik der Universität Hamburg und konnte mich danach noch ein Weilchen mit Franco Lucentini unterhalten. Keine Ahnung, welche Sprache wir benutzten. Ich vermute mal engl. oder spa. Lucentini sprach 15 sprachen, darunter mandarin, wenn ich mich richtig erinnere.

7 – „A death in diamonds“ von S.J. Bennett ist schon der 4. „Die Queen ermittelt“-Krimi aus der Reihe. Da Elisabeth II. nun leider von uns gegangen ist, wurde die Handlung in die Vergangenheit verlegt. Damit müssen wir gleichzeitig vom sidekick Rozie Oshodi Abschied nehmen, die zusammen mit der Queen drei Fälle ermittelt hat. Ex-Bletchley Park code breaker, Joan McGraw, tritt an ihre Stelle bzw. ist der erste „Ermittlungsassistent“ der Queen überhaupt, denn Bennett führt uns zurück ins Jahr 1957. Die erst dreißigjährige Queen vermutet einen Verräter in ihrem eigenen Stab und zudem geschieht ein Mord, in dem ein ihr sehr nahestehender Mensch verwickelt sein könnte. Sie braucht eine enge Vertraute außerhalb ihrer eigenen Kreise und da kommt ihr die eigenwillige und intelligente Joan gerade recht. Im Prinzip ist ein gelungener Neustart der Reihe, ein cosy crime, der sehr vom Ambiente und der Ausstrahlung der Queen lebt, aber gleichzeitig auch zwei Rätsel, die die beiden „Ermittlerinnen“ lösen müssen, beinhaltet. Ließ sich auch leicht auf engl. verschlingen!

8 – Neue Funde aus der Ostsee, in den letzten Kriegstagen versenkte Enigmas, die geheimnisvollen Verschlüsselungsmaschine der Nazi-Streitkräfte, führten zu diesem Sonderheft der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“. Es geht nicht nur um die Bergung und Restaurierung der Objekte, sondern das Heft beinhaltet auch historische Artikel, z.B. über den U-Boot-Krieg und wie es zur Entschlüsselung der Enigma durch den Blechley-Park kam.

9 – Nach einem Hurricane in der nordamerikanischen Kleinstadt Canaan entdecken die 4 Freunde Evan, Mitch, Jason und C.J. plus dem „Neuen“, Ricky, einen alten privaten Atom-Schutzbunker ausgestattet mit Technik und vielen Vorräten. Da der Hurricane auch das Waldversteck, ihr „Fort“, zerstört hat, beschließen die 4+1 Freunde den unterirdischen Bunker im Wald zu ihrem neuen Fort zu machen. Dabei müssen die Jungs sich vor den beiden gewalttätigen Jugendlichen Luke und Jaeger und ihrem roten Mustang in Acht nehmen. Aber die beiden sind nicht die einzige Gefahr für das Fort und seine inzwischen um ein einziges Mädchen, Janelle, ergänzte Besatzung. Am Ende findet sogar eine Erwachsene unter der Erdoberfläche Schutz und die Freunde müssen am Ende erkennen, dass sie zwar etwas für sie Wichtiges verloren haben, aber dafür viel, viel mehr gewonnen haben. Auch „Problembücher“ können sehr spannend sein. Ich hätte nicht gedacht, dass ich neben all der vielen Zauberei und den (schlecht) gezeichneten Tagebüchern noch einmal einen richtig gut komponierten realistischen Jugendroman, hier von Gordon Korman, in dieser Zeit in den Händen halten würde.

10 – „Nachts unter der steinernen Brücke“ von Leo Perutz kann ich immer wieder lesen. Es sind die Praglegenden um Mordechai Meisl und anderen im Prag vor dem Dreißigjährigen Krieg, z.T. historisch, z.T. voller (jüdischen) Zauber. Manche sind zum lachen, andere tieftraurig. Es ist ein wundervolles Stück deutscher Literatur.

11 – Der März brachte eine Menge an neuen Büchern ins Haus. Ich wählte zuerst „Krieg der Seesterne“ von Krischan Koch aus. Die Krimis der Reihe spielen im fiktiven Ort Fredenbüll in Nordfriesland. Und dieses Mal bekommen es die Ermittler Detlefsen und Stappenbek mit „unbekannten Flugobjekten“ und einem Toten im Kornkreis zu tun. Wie immer leichte und humorvolle Krimi-Unterhaltung!

12 – „Zukunftsbilder 2045“ ist ein ganz wundervolles Buch über Visionen, wie die Welt in über 10 Jahren aussehen könnte. Die Reise beginnt in Berlin durch verschiedene Städte in Deutschland, Schweiz und Österreich. Ein Buch, das Anregungen gibt und Hoffnung macht. Mit den Perspektiven werde ich mich noch länger beschäftigen.

13 – Der „Harpunen Tod“ von Sophie Tammen ist ein charmanter Cosy Crime mit leider vielen, vielen Flüchtigkeitsfehlern in der Handlung. Gibt es kein Lektorat bei rororo mehr? Dennoch ein schöner Ambiente-Krimi: Frau Scholle, Polizeisekr. in Wiesbaden, wollte auf Amrum zusammen mit ihrem Hund Urlaub machen. Aber erst wollte ihr Vermieter keine Haustiere erlauben, dann gibt es auch noch eine Leiche am Strand. Frau Scholle mischt sich bei den Ermittlungen ein, sie kann nicht anders … Andrea Russos (d.i. Sophie Tammen) erster Krimi, dafür gar nicht so schlecht.

14 – Zwischendurch etwas archäologisches: „Moorleichen: Zeugen vergangener Jahrtausende“ von Thomas Brock ist zwar schon etwas älter, brachte mich trotzdem auf neuestem Stand, was Moorleichen betrifft. Ich habe da eine ganz persönliche Beziehung zu diesem Thema und war froh, einmal einen ganz großen Überblick von der Steinzeit bis heute zu bekommen. Der Autor bietet am Ende keine „Patentlösung“ an, sondern ref. noch einmal die Erklärungsmodelle, die es gibt.

15 – Die Katzenkrimi-Reihe, 30 Bände!, von Lilian Jackson Braun beginnt mit dem Band „Die Katze, die rückwärts lesen“ (1966) konnte. Jim Qwilleran kommt in eine neue Stadt und als letzte Chance, als Journalist arbeiten zu können, heuert er beim Daily Fluxion in der Kunstabteilung an. Da ist mehr los, als er dachte und eine neue Wohnung beim Kollegen, der die Kunstkolumne schreibt, ergibt sich auch. Dabei lernt er den Siamkater Koko kennen, um den er sich bald mehr kümmern muß, als „Qwill“ lieb ist. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sozusagen …

16 – „Acqua Alta“ von Isabelle Autissier war sicher eines der beeindruckendsten Bücher in diesem Jahr. Es ist ein sehr wichtiges Buch, denn der Untergang von Venedig ist im Grunde genommen der Untergang der Welt im Kleinen. Zudem wird es anschaulich geschildert am Beispiel einer Familie. Die Mutter Maria Alba stirbt in der Flut, die Tochter Léa zerbricht daran, nur der Vater Guido denkt immer noch geschäftstüchtig daran, wie sich selbst aus dem zerstörten Venedig noch Geld herausschlagen lassen kann. Er ist unbelehrbar und wegen Unbelehrbarer wie ihm wird diese Welt, was uns Menschen betrifft, untergehen.

17 – Nach so ernster und hoffnungsloser Lektüre war es Zeit für einen Krimi. Da kam mir Christiane Schünemanns „Der Frisör“ gerade recht. Dem Starfrisör Tomas Prinz wird die Kundin Alexandra Kaspari ermordet. Und dabei bleibt es nicht. Zeit, für eine Weile die Schere beiseite zu legen, um selbst zu ermitteln.

18 – Der Reporter Qwilleran wollte in „Die Katze, die Brahms spielte“ (Katze 5) das Angebot einer Freundin seiner Mutter annehmen und einige Monate in einem Ferienhaus an den großen Seen verbringen, um einen Roman zu schreiben oder zumindest so zu tun. Aber dann kommen Menschen auf unschöne Weise ums Leben und Koko, Yum-Yum und Qwill müssen sich um wichtigere Dinge kümmern. Tragischerweise kommt auch die „gute Tante“ ums Leben. Währenddessen lernt Koko den Kassettenrecorder zu bedienen, spielt Brahms und löst nebenher den Fall.

19 – Und weil es so schön war und ich wissen wollte, ob Qwill sein Erbe angenommen hat, gleich „Die Katze, die Geister beschwor“ (Katze 10) gelesen. In einem historischen Farmhouse spukt es und die ehrenamtliche Museumschefin stirbt. Qwill beschließt mit seinen Katzen in das alte Farmhouse zu ziehen. Qwill glaubt nicht an Geister und ihm kommt die Angelegenheit merkwürdig vor.

20 – „Die Katze, die in den Ohrensessel biss“ ist erst Teil 2 der Reihe. Qwill bekommt eine Innenarchitektur-Beilage für seine Zeitung „aufgebrummt“. Aber irgendwie scheint mit der Beilage alles schief zu laufen, es gibt Einbrüche und sogar Mord. Am Ende steht Qwill mit zwei Katzen da, der Glückspilz!

Qwilleran und seine Siam-Katzen sind sicher nicht die klassischen Ermittler, manchmal sind die Fälle geradezu nur Nebenhandlungen und viele andere scheint wichtiger, aber es ist gut geschrieben, unterhaltsam und die Autorin kannte sich auf jeden Fall gut mit den Eigenarten von Katzen aus, wobei Koko und Yum-Yum echte Stubentiger sind und keine Draußenkatzen, wie ich sie gewohnt bin. Wenn ich etwas zur Entspannung brauche, werde ich mich wieder einer Katze widmen, auch wenn sie momentan nur noch gebraucht oder als E-book erhältlich sind.

21 – Wieder etwas archäologisches: Im „Kulturenstreit“ werden historische Hintergründe und Funde des Frühmittelalters, die im Landesmuseum Halle ausgestellt werden, als Begleitbuch ausführlich dargestellt. Ich liebe diese Begleitbücher des Landesmuseums, die es erlauben noch einmal nachzulesen, was evt. nur flüchtig angeschaut worden ist oder zu erblicken, was verpaßt worden ist, um es das nächste Mal näher vor Ort zu beleuchten. Dazu ist die Einordnung in den jeweiligen kulturellen und historischen Kontext Gold wert. Frühmittelalter betrifft hier Menschen, die bei uns seit der Völkerwanderung bis zum Entstehen des ersten „deutschen“ Reiches im 10. Jahrhundert gelebt haben: d.h. Langobarden, Sachsen, Nordleute, Awaren, Slawen, Thüringer, Franken, reichsgründene Sachsen.

22 – Audrey Niffenegger, durch ihren „Zeitreisenden“ berühmt geworden, hat tatsächlich nur sehr wenig geschrieben, darunter „Die Zwillinge von Highgate“, auch bereits etwas älter (auf dt. v. 2009). Die eigentliche Hauptperson des Romans ist der Highgate, ein Friedhof in London. Uhm diesen Ort herum spinnt sich die Geschichte zweier Zwillingspärchen, jeweils zwei Frauen, und der Bewohner eines Hauses, dass direkt an den Friedhof grenzt. Es beginnt mit dem Tod von Elspeth, einem Zwilling, die auf dem Highgate in der Gruft ihrer Familie beerdigt wird… Und wer Niffenegger kennt, weiß, das dies noch nicht das Ende ist, aber wer sie auch kennt, weiß, dass es auch immer eine unglückliche Liebe gibt. Aber als Trostpflaster hat sie sich in diesem Roman ein einziges glückliches Ende für einen der Hausbewohner am Highgate-Friedhof getraut. Schnüff!

23 – Und weil eine geisterhafte Geschichte nicht ausreichte, hatte ich noch Christian Mährs „Die letzte Insel“ im Regal. Es geht um die legendäre canarische Insel San Borondón und sprachlich und inhaltlich weit schwächer als die „Zwillinge“. Stattdessen gibt es groteske Geister, die sich für Fußspuren interessieren und eine tödliche Epidemie auslösen. Kurz: Aus San Borondón und seiner Legende hätte der Autor eine Menge machen können. Hat er aber nicht. Schade!

24 – Ganz und gar keine Enttäuschung war „The Night Bookmobile“, wiederum von Audrey Niffenegger. In einer schlaflosen Nacht begegnet Alexandra auf der Straße dem Night Bookmobile und dies wird ihr Leben verändern. Eine wundervolle Graphic Novel über die Liebe zu Büchern und die möglichen Folgen! Ich werde es noch mehrmals lesen. Es ist auch nicht sehr dick.

25 – Wir bleiben bei Büchern über Bücher: „Die Sammlerin der verlorenen Wörter“ von Pip Williams hat zwei Hauptpersonen: Die fiktive Esme hat einen Vater, der von Beginn an bei der Entstehungs des Oxford English Dictionary im berühmten „Skriptorium“, im Grunde genommen nur ein Gartenhaus, von James Murray mitarbeitet. Ihre Patentante ist zudem Edith Thompson, tatsächlich lebende Historikerin und Lexikografin, die zusammen mit ihrer Schwester tausende von Stichwörtern zum OED beisteuerte. Esme ist die Sammlerin der verlorenen Wörter, der Wörter, die nichts ins Dictionary aufgenommen werden. Die andere Hauptperson ist natürlich das OED selbst. Ein Buch, dass stellvertretend mit der fiktiven Esme daran erinnert, wie viele Frauen an diesem Mammutwerk mitgearbeitet haben, für das sich wenige Männer haben feiern lassen. Bis heute!

26 – Untiedt vom LKA und seine Kollegin Katja Greets ermitteln in Marco Schreibers „Marschblut“ in Dithmarschen. Jo, kann man lesen, hat mich aber nicht 100 % überzeugt. Und das liegt nicht daran, dass ich mich in der Gegend gut auskenne. Untiedt und Greets haben so viele eigene Probleme, dass es erstaunlich ist, dass sie den Fall gemeinsam gelöst haben. Ein Regionalkrimi also, der mit sehr viel Düsternis, durchgeknallten Kommissar/innen und einigen (unfreiwilligen ?) Humor daherkommt.

27 – Die Lais der Marie de France (*um 1135 † um 1200) waren auf jeden Fall der älteste Text bisher in diesem Jahr. Selbst die vorliegende Nachdichtung von Karl Warnke stammt aus dem 19. Jhd. Die Geschichten im Umfeld von König Artus und der Tafelrunde spielend, waren mir alle ziemlich unbekannt und und eine richtige Entdeckung. In einer Zeit entstanden, als noch romanisch gebaut wurde und wir inmitten der Kreuzzüge waren, wirken sie erstaunlich frisch und lesenswert, z.T. sogar mit wunderbaren Humor verfaßt. Zudem sind die meisten der Lais auch Zauberliebesgeschichten und so nenne ich das Werk von Marie de France ganz frech „mittelalterliche Fantasy“.

28 – Rory Shy (1) von Oliver Schlick ist ein Krimi für Kinder und Jugendliche, der sehr charmant und mit viel Ambiente herüberkommt. Es geht hier nicht um einen Mord, sondern um eine verschwundene Perle. Den Fall löst Rory Shy, der viel zu schüchtern für Befragungen ist, mit Hilfe der zwölfjährigen Matilda Bond und ihrem Cockerspaniel mit Namen Doktor Herkenrath. Und diese beiden helfen dem Schüchternen auch in anderen Angelegenheit auf die Sprünge. Ein sehr sympathisches Ermittlergespann, das sich hervorragend ergänzt. Beileibe nicht nur etwas für Kinder, sondern auch hervorragend als schüchternes Cozy Crime für Erwachsene lesbar.

29 – „Bücher und Barbaren“ von Travis Baldree ist die Fortsetzung bzw. die Vorgeschichte von „Magie und Milchschaum“ und genauso charmant. Die Orkkriegerin Viv, die sich im 1. Teil mit einem Café zur Ruhe setzt und die Frau fürs Leben findet, befindet sich in „Bücher und Barbaren“ erst am Anfang ihrer Karriere. In der Schlacht wird sie wg. ihrer Leichtsinnigkeit verletzt und von ihrer Truppe im Küstenort Murk zurückgelassen. Dort findet sie einen Buchladen und beginnt zu lesen. Doch ausgerechnet die Nekromantin, die von Vivs Söldnerhaufen verfolgt wird, hat auch etwas im Buchladen zu erledigen. Spannender als „Magie und Milchschaum“ und das nicht nur wegen dem Showdown zwischen Bücherregalen.

30 – Inzwischen ist es Mai geworden: Mit „Von Füchsen und Menschen“ von Sophia Kimmig ist ein Sachbuch dran. Es ist weniger ein Forschungsberichten über Kimmigs Fuchsforschung im Großstadtdschungel von Berlin, sondern eher eine muntere Plauderei über Füchse, den Schwierigkeiten der Forschung in der Großstadt und den Lebensbedingungen der Wildtiere mitten zwischen uns Menschen. Selbst ein Fuchs würde es, könnte er lesen, verschlingen!

31 – „Föhnlage“ von Jörg Maurer war ein amüsanter Alpenkrimi. „Bei einem Konzert im schönen Garmisch-Partenkirchen stürzt ein Mann von der Saalempore ins Publikum – tot. Und der Zuhörer, auf den er fiel, auch. Kommissar Jennerwein nimmt die Ermittlungen auf: War es ein Unfall, Selbstmord, Mord?“ Und was hat das örtliche Bestatterehepaar damit zu tun. Für Jennerwein, obwohl nicht ganz fit, gibt es viel zu tun.

32 – Ivory Vikings oder das Rätsel der Lewis Schachfiguren von Nancy Marie Brown war für mich persönlich das historische Sachbuch 2024. Schade, dass es dieses spannende Buch nicht als deutsche Edition gibt. Ich würde es an einige Leute verschenken. Was kommt darin vor? Natürlich die obskure Fundgeschichte der Schachfiguren aus Walrosselfenbein auf den Äußeren Hebriden, damals womöglich nicht der Rand der Welt wie heute. Brown zitiert viel aus unbekannten isländischen Sagas, bringt die Geschichte Norwegens wie die Geschichte Islands einfach so nebenbei unter. Und mich beschlich das Gefühl, dass die Wikingergeschichte 1066 gar nicht endete. Spannend auch, wo die Schachfiguren womöglich gefertigt worden sind. In Norwegen, auf Lewis oder doch auf Island? Schön, dass die Autorin alle Möglichkeiten referiert und der Leser selbst entscheiden darf, was am plausibelsten ist. Brown löst die vielen Rätsel um „die schönsten Schachfiguren auf der Welt“ nicht, aber sie bringt etwas Licht in das Dunkel. Nebenbei wurde auch geklärt, wie es kam, dass nun 6 Figuren in Stornoway im Museum zu bestaunen sind und damit nach Lewis zurückgekehrt sind.

Schon sind wir im Sommer. Ich habe wieder eine Menge Bücher gekauft, die mich interessieren. Nach dem vorzüglichen Sachbuch, s.o., hatte ich nun Lust auf Belletristik. Begonnen habe ich von dieser „Liste“ zuerst mit ..

33 – .. „Luftschlösser“ von Hilary Leichter. Der Roman war der anspruchsvollste von der Sommergruppe. Stephanie kann Räume erschaffen oder vergrößern, die es bislang nicht gab. Aber diese Gabe ist keinesfalls ein Segen für sie und auch nicht für ihre Umwelt. Die Geschichte endet im Weltraum, ist aber keinesfalls Science Fiction, eher so eine Art magischer Realismus über eine Welt und den Menschen darin, für die es keine Hoffnung mehr gibt. Sehr lesenswert.

34 – Von Oliver Schlicks Rory Shy-Reihe hat mich auch der zweite Band „Der Fall der Roten Libelle“ begeistert. Dieses Mal gibt es nicht nur einen Diebstahl, sondern sogar einen Mordversuch. Und wieder müssen sich Rory Shy, Matilda und Doktor Herkenrath mit dem penetranten Kommissar Valko herum ärgern. Aber natürlich wird darüber nicht der Fall vergessen, sondern gelöst. Rory Shy wird sogar Gast in einer berühmten Fernsehserie, was sogar Frau Zeigler sehr begeistern wird, oder?

35 – Wieder ein Andreas Brandhorst und zwar der Jenseitsroman „Die Stadt“: Benjamin Harthman stirbt kurz nach seinem vierzigsten Geburtstag bei einem Autounfall und findet sich im Jenseits in einer düsteren Stadt wieder, die weit ausgedehnt ist, aber nur sehr wenige Bewohner hat. Ist das der Himmel oder ist es die Hölle? Harthman und seine Begleiterin Louise versuchen der Stadt zu entgehen und zu fliehen, aber so einfach ist es nicht. Denn alles hängt zusammen und Harthmans sehr dunkle Seite ist auch noch da. Kann ein Neuanfang im Jenseits gelingen? Nicht mein liebster Brandhorst, aber von ein paar unnötigen Längen abgesehen, auch sehr spannend und gelungen.

36 – „The luminous life of Lucy Landry“ von Anna Rose Johnson ist ein engl.-spr. Jugendbuch und spielt vor mehr als 100 Jahren auf einer Leuchtturminsel auf dem Lake Superior. Das Mädchen Lucy Landry, Tochter einer Schauspielerin und eines Seemanns, ist Waise und verliert auch noch ihre Pflegemutter Miss Mamie, die aber testamentarisch geregelt hat, dass Lucy bei der Leuchtturmwärterfamilie Martin unterkommen kann. Diese gehören wie Lucy zu den indigenen Ojibwe People. Problem ist allerdings, die Martins haben bereits 6 Kinder. Außerdem sucht Lucy ein wertvolles Halsband von einem untergegangenen Schiff. Zudem ist auch der Leuchtturminspektor King gar nicht erfreut darüber, dass die Martin noch ein weiteres Kind im Leuchtturm beherbergen, denn dass kann die Leuchtturmwärterordnung durcheinander bringen. Für Lucy ist es ein weiter Weg auf dem Leuchtturm heimisch zu werden. Aber erst einmal gibt es Quiche!

37 – Im „Torfschuppenmord“ von Maike Claußnitzer muss die Richterin Herrad mit ihrem gesamten Gefolge ihren bisherigen Wirkungskreis Aquae Calicis verlassen, da ihr ihre Nähe zur abgesetzten Vogtin zum Verhängnis wurde. Der Graf der Seemark weiß um ihre Qualitäten und so beginnt sie in Castra Nova neu, allerdings mit weniger Komfort und mit viel weniger Leuten, über die sie gebietet. Aber statt sich langsam einzuwöhnen, muss sie sofort tätig werden und einen Mord aufklären. Denn der Einsturz eines Torfschuppen, unter dem ein verurteilter Verbrecher zu Tode kam, war kein Zufall, sondern wurde vorsätzlich herbeigeführt. Dafür gibt es sogar einen Zeugen, leider ist dieser schon lange tot und quasi nur noch eine Moorleiche.

38 – Ellis Peters Krimi : „Die Primadonna lachte“ ist ein sehr früher Krimi von der Autorin der mittelalterlichen Cadfael-Krimis, 1960 erschienen, und doch erkennt man bereits ihre charakteristische Handschrift und ähnlich wie bei Agatha Christie ist klar: Die Liebenden sind selten bis gar nicht die Mörder. Die Erben einer berühmten Primadonna fliegen zurück nach London, stürzen aber in den Alpen mit dem Charter-Flugzeug ab. Alle überleben, aber wenig später geschieht in der Alpengastwirtschaft ein Mord. Hängt es mit dem eben verlesenen Testament zusammen, denn es geht um sehr viel Geld?

39 – „Amy und die Schließfachbibliothek“ von Alan Gratz behandelt das Thema der „gebannten Bücher“ in Schulbibliotheken in einigen Bundesstaaten der USA. Da auch an Amys Schule Bücher gebannt werden, eröffnet Amy und ihre Freunde eine eigene Bibliothek mit den gebannten Büchern in ihren Schulschließfächern. Das gibt natürlich Ärger, aber am Ende wendet sich in dem Jugendbuch alles zum Guten. Amy und ihre Schließfachbibliothek ist inzwischen auch in einigen Bundesstaaten verboten worden. Unglaublich! Ein Zitat aus dem Buch: „Gute Bücher sollten nicht von Kindern ferngehalten werden. Sie sollten so oft wie möglich und von so vielen Kindern wie möglich gelesen werden…alle Bücher sollten gelesen werden.“

40 – Pembrokes Katze von Philip Davis war ein vergnügliches Stück Literatur über eine Katze und ihren Aufenthalt im Pembroke College in Cambridge. Diese alte College war bereits das Heim vieler „College-Katzen“ und die Mitarbeiter, auch die berühmtesten, waren alles Katzenliebhaber. Die Katze Thomas Gray findet daher wohlwollende Aufnahme im College und als sie in den Ruhestand ging, spendete sie sogar zwischen zwei Menschen die Liebe. Manche Leser/innen fanden es langweilig. Für mich war es sehr vergnüglich. Allerdings das Ende etwas zu süss. Aber schööööööööön !

41 – Den Gin-Krimi von Henn hatte ich abgebrochen. „Rum oder Ehre“ war zum Glück etwas gelungener, aber sicherlich nichts, was nun in den Himmel gehoben werden muß. Als Story ganz vergnüglich, als Krimi eher mau und das Buch wird nur wegen der vielen Ruminformationen und Rumrezepte behalten.

42 – „Mythos Nationalgericht“ von Alberto Grandi ist ein sehr vergnüglich geschriebenes Sachbuch über die Weise, wie angeblich jahrhunderte alte Küchentraditionen in Wirklichkeit das Ergebnis der Verbesserung unserer Lebensmittelindustrie seit dem II. Weltkrieg sind, dies am Beispiel der grandiosen Küche Italiens, die Grandi keinesfalls in Abrede stellt. Was er auf dem Prüfstand stellt, ist die angeblich so traditionelle Küche, denn das meiste Leckere aus Italien ist tatsächlich sehr, sehr jung. Ein wahrer kulinarischer Augenöffner!

43 – Der (Jugend-)Roman um die beiden Brüder Jess und Jaxon und das Spiel Cal´Anthor, Full Dive, von Nina Scheweling begann etwas gemächlich, nahm aber rasch Fahrt auf. Jess, der für seinen inhaftierten Bruder Jaxon, an einer Testrunde des Spiels teilnahm, mußte rasch feststellen, dass aus einem Spiel sehr, sehr tödlicher Ernst werden kann. Ich fand es sehr spannend mit einer runden Auflösung. Fast war es mir etwas zu kurz, so schön erzählt waren die Abenteuer in der künstlichen Welt Cal´Anthor.

44 – In Kristin Höllers magisch-realistischem Roman „Leute von früher“, der auf der (fiktiven) Watteninsel Strand hauptsächlich in einem Freilichtmuseum spielt, verliebt sich die Hauptperson Marlene in eine Frau, eine Einheimische die auch dort arbeitet. Aber irgendein dunkles Geheimnis liegt über der Geliebten, ein Sturm kommt auf und da ist auch noch das untergegangene Rungholt.

45 – Im sehr, sehr dicken Fantasyroman „Tricontium“ von Maike Claußnitzer erfahren wir das erste Mal von der Richterin Herrad und ihrem Gefolge. Herrad wird als Richterin nach „Tricontium“ abberufen, aber dieses ist in den Wirren des Krieges verlassen worden. Außerdem umgibt den Ort ein düsteres Geheimnis. Dies ausnutzend kann sich Herrad ihren bisherigen Wirkungskreis „Aquae Calicis“ wieder zurück erobern. Das klingt jetzt nicht sehr spannend, aber ich fand es eine dennoch sehr kurzweilige und Cosy Fantasy, dennoch hat mir der Torfschuppenmord von derselben Autorin besser gefallen.

46 – Wie wir im neuzeitlichen Sinn Romane verstehen, ist „Frau Komachi empfiehlt ein Buch“ von Michiko Aoyama kein Roman, denn hier werden Episoden aneinander gereiht, deren Bindeglied lediglich die Bibliothek von Frau Komachi und ihre Buchempfehlungen sind. Über Frau Komachi selbst erfahren wir nur wenig, aber die Bücher, die sie ihren Lesern empfiehlt, verändern deren Leben. Ein Buch, das trotz oder gerade wegen der Episodenhaftigkeit, einfach glücklich macht!

48 – Das Jugendbuch „Polidorium“ von Anja Fislage mit den wunderschönen Grafiken von Verena Wugeditsch spielt in Ostfriesland im Haus der Familie Polidori, in das die Polidori-Kinder gelangen, weil ihre Eltern bei einer Atlantikexpedition verschollen sind. In der ersten Lesehälfte habe ich begeistert notiert, dass ist so schön wie „Little Big“ (von John Crowley, Klassiker der Fantasyliteratur) für Kinder, aber das Buch hielt im Verlauf der Handlung leider nicht das, was der erste Eindruck versprach. Den unsäglichen Cliffhanger hätte sich die Autorin zudem sparen können.

49 – Für unsere Reise ins Baltikum brauchten wir natürlich einen Reiseführer, da die drei Länder zwar Sehnsuchtsorte waren, aber wie keine wirkliche Ahnung hatten, was uns da erwarten würde. Also einen groben Faden brauchten wir schon. Deswegen fiel unsere Wahl auf „Baltikum: Estland, Lettland, Litauen“ von den Autorinnen Thorsten Altheide, Alexandra Frank, Mirko Kaupat, Heli Rahkema, und Günther Schäfer. Außer das die Restaurant und Hoteltipps, die das Buch füllten und die kein Mensch mehr braucht, nervten, war der Führer doch sehr brauchbar und bot genau das, was wir erwartet haben.

50 – Während der Herbstreise durch das Baltikum habe ich genau vier Bücher gelesen. Beginnen wir mit „Abschied auf Italienisch“ von Andrea Bonetto: Kommissar Grassi läßt sich nach Ligurien versetzen, nachdem sein Vater verstorben ist und er ein kleines Haus erbt. Allerdings gibt es da noch die Mitbewohnerin Toni, mit der Grassi nicht gerechnet hat. Zudem geschieht gleich nach seiner Ankunft einen Mord, den es aufzuklären gilt. Das macht einen schönen Ambiente-Krimi aus, nichts besonderes, aber gut für eine Reise oder Zwischendurch. Die Auflösung war am Ende doch sehr einfach gestrickt und hätte nicht unbedingt einer Action-Einlage bedurft.

51 – „Bären füttern verboten“ von Rachel Elliott war mit Sicherheit das literarischte Buch im Urlaub. Es handelt von der Freerunnerin Sydney, die ausgerechnet zu ihrem Geburtstag in den Küstenort St. Ives zurückkehrt, dort wo sie das schlimmste Erlebnis ihres Lebens hatte. Aber es geht nicht nur um Sydney, auch um ihre Familie und neue Freunde, die ihr in der Not helfen. Es ist auch ein queerer Roman und ein Buch über Menschen, die sicher nicht „Otto Normalverbraucher“ sind, so wie die Zahntechnikerin Maria, der Buchhändler Dexter oder Belle, die immer noch bei ihren Eltern wohnt. Als Sydney von einem Dach beim Freeruning stürzt, vereinen sich plötzlich die Handlungsstränge und es stehen Veränderungen an. Allerdings nur für die, die es wirklich wollen, dazu gehört Sydney leider nicht. Wie „Rosinante“ ein Buch, das ich in ein paar Jahren noch einmal lesen möchte.

52 – „Die elternlosen Erlebnisse der unzertrennlichen Fünf“ von Hana Tooke war mir zu sehr konstruiert und wurde deswegen nur quergelesen. Das Buch hat sehr liebevoll beschriebene Charaktere, aber kommen diese nicht zur Entfaltung, da die Autorin zu sehr auf Spannungseffekte setzt, die viel zu vorhersehbar waren. Nur eine Überraschung gab es tatsächlich am Ende! Trotzdem schade, hatte viel versprochen.

53 – Dafür kam ich mit „Unquiet Bones“ von Mel Starr voll auf meine Kosten: Hugh de Singleton, der Chirugh und Arzt, studiert in Oxford und Paris, läßt sich in Oxford nieder, hat aber kaum Patienten. So kommt ihm das Angebot von Lord Gilbert gerade recht, sich im kleinen Ort Badminton neu niederzulassen, zumal die schöne Joan, Schwester des Lords, nun in seiner direkten Nähe weilt. Aber der Roman ist keine spätmittelalterliche Liebesgeschichte, denn Hugh hat im Auftrag des Lords einen mysteriösen Mordfall aufzuklären und dabei bringt er fast den falschen Mann an den Galgen. Zusammengefaßt handelt es sich um einen engl. Mittelalterkrimi, der stark an die Caedfael-Reihe von Ellis Peters erinnert und ähnlich cosy ist.

54 – Amy Achterops Krimi „Tödlicher Stoff“ (Die Hausboot-Detektei Bd.3 ) ist auf jeden Fall auch ein „Cosy Crime“. Arie, der Chef der Hausboot-Detektei, stolpert auf einem nächtlichen Spaziergang höchstselbst über den Mordfall, denn vor seinen Augen wird ein Mann von einem Müllauto überfahren. Ein Unfall? Nein, der angesehene Geschäftmann hatte ein LSD genommen, war aber Feind von Drogen. hatte es ihm jemand untergeschoben? Aber wie? Und wer verwendet LSD zum Morden? Das Team vom Hausboot ermittelt nun sogar bis nach Schweden hinein, um dem Rätsel auf die Spur zu kommen.

55 – „Das graue Zimmer : Unheimliche Geschichten“ von Stefan Grabinski sind in der Tat wirklich sehr unheimlich. Besonders seine Eisenbahngeschichten hatten es mir angetan. Einen Vergleich zu E.A. Poe kann man machen, muss man aber nicht, denn Grabinski geht wesentlich mehr in seiner Unheimlichkeit in die Fantastik, überschreitet Grenzen, weiß aber genauso gut, wie Poe im richtigen Moment zu überraschen.

56 – Ende November ging es auf den Friedhof mit „The Graveyard Book“ von Neil Gaiman und war ganz sicher eine ausgezeichnete Lektüre für den dunklen Monat. Bod wird als Kleinkind von den Geistern eines nahegelegenden Friedhofs gerettet, als ein Killer seiner ganze Familie umbringt. So wird er von Geistern aufgezogen und steht unter der Obhut eines Vampirs, bis er sich seiner Vergangenheit stellen muß und es zum großen Showdown in einer unter dem Friedhof verborgenen bronzezeitlichen Gruft kommt.

57 – Der Krimi „Dorothy and Agatha“ von Gaylord Larsen, bereits 1990 erschienen, ist etwas, was wir heute vielleicht „Fanfiktion“ nennen würden, denn es sind die beiden Krimiautorinnen Dorothy L. Sayers und Agatha Christie, die gemeinsam in einem Mordfall ermitteln. Ein sehr schöner cosy crime, der in UK zwischen den Weltkriegen spielt. Leider war die Auflösung des Falles zwar schlüssig, aber nicht sehr glaubwürdig.

Und was lese ich vor Weihnachten und zwischen den Jahren? – 58 – Zum Beispiel „Winterträume im kleinen Grandhotel“ von Felicity Pickford ist ein recht harmloser Weihnachtsroman, der auf der Isle of Skye spielt. Jedes Jahr darf ein Ehrengast die Weihnachtsfeiertage im Luxushotel auf der Insel verbringen. Dieses Jahr wurde der Insel-Busfahrer Harold unverhofft ausgewählt. Harmlose Unterhaltung, die auch noch nach drei Glühwein genießbar ist. Die Autorin ist übr. keine Britin, das Buch ist auf deutsch geschrieben und erschienen. Das erklärt einige Merkwürdigkeiten.

59 – Kurz vor Weihnachten noch ein Hörbuch „Rumkugeln bis zum Tod“ von Dani Baker, Teil 2 der Hansel & Pretzel-Krimi-Serie. Passend zur Jahreszeit wird der Weihnachtsmann ermordet, also ein Mann, der den Weihnachtsmann auf einem Markt darstellt. Wieder findet Linn Sommer die Leiche, aber warum ermordet jemand den Weihnachtsmann? Und in diesem Fall wird es noch rätselhafter, denn auch im wirklichen Leben war der Ermordete ein wahrer Engel, dessen kleine Geheimnisse keine Ermordung erklären. Insgesamt ein harmloser Cosy Crime, in dem nur eins rätselhaft blieb: Was hatten die Rumkugeln damit zu tun?

60 – Ein Adventsbuch zum Vorlesen gab es in der Weihnachtszeit natürlich auch. Diesen Advent hat uns „Der Heilige Erwin“ von Jasna Mittler begeistert. Die Handlung ist einfach: G´tt beschließt auf der Erde nach dem Rechten zu schauen und fährt in den obdachlosen Erwin und erlebt so einige Abenteuer, auch amouröser Art, im gar nicht so heiligen Köln. Zurückgekehrt in den Himmel beschließt er, dass sich so einiges auf der Erde ändern muß. Hoffentlich vergißt G´tt diesen Vorsatz nicht, während er die Engelschorproben organisiert.

61 – An Frida Mohns „Der Tod wird kalt serviert“, ein Rosa-Fröhlich-Krimi, habe ich ganz schön lange herum gelesen und die letzten Seiten erst Sylvester hinter mich gebracht. Das klingt jetzt so negativ, ist es aber nicht. Es ließ sich lesen! Aber leider sprang der Funken bei diesem Berliner-Kneipen-Krimi trotz obersympathischer „Ermittlerin“ nicht über. Die Idee war gut, die Ausführung leider nur mäßig. Erleichtert nahm man das „Fangen des Mörders“ zur Kenntnis.

Allen ein schönes Lesejahr ! Der Bibliothekar

Lesestoff

Was hat der Bibliothekar 2023 gelesen?

Die Buch- und Lesegemeinschaft hat den schönen Brauch am Ende des Jahres oder am Anfang des nächsten aufzuführen, welche Bücher im Verlauf des Jahres gelesen worden sind. Gerne möchte ich das für 2023 auch einmal probieren. Dabei werde ich aber nur Werke aufführen, die mir gefielen bzw. die ich nicht abgebrochen habe.

Gelesen im Januar: Das erste Buch des Jahres war Amari von B.B. Alston, ein Jugendbuch, von dem ich gehofft hatte, dass es mehr Kinder lesen. Es ist ein Zaubererinnenabenteuer von einem schwarzen Mädchen, die nicht gerade priviligiert ist, wie viele Schwarze in den USA. Nun muß sich Amari obendrein in der Magierwelt durchbeissen, die voller priviligierter Menschen steckt. Es gibt inzwischen auch einen zweiten Teil!

Wir bleiben in der Fantasywelt, aber reisen nach Mittelerde zu Tolkiens „Der Untergang von Numenor“ bzw. „Der Chronik des zweiten Zeitalters“, die nach Quellen und Materialien zusammengestellt worden ist. Karten und Illustrationen von Allan Lee runden das Ganze ab. Mit Hilfe von Fragmenten aus dem Nachlass von Tolkien wurde chronologisch versucht, den Untergang von Westernis/Numenor zu rekonstruieren. Wer nach dem Lesen des „Herrn der Ringe“ mehr über die Vorgeschichte des Ringes und den Untergang der Menschen von Westernis, den Vorfahren von Aragorn (Streicher) erfahren möchte, ist hier gut bedient. Eher aber eine Sache für Fans.

Ich liebe die Musik von Joni Mitchell. Sie ist eine der Konstanten in meinem Leben. Malka Marom führte zwischen 1973 und 2012 mehrere Interviews mit der kanadischen Sängerin und Künstlerin und sehr ehrlich erzählt Joni darin von ihrem Leben, von ihrer großen Karriere, aber auch von ihren Niederlagen. Daraus entstand das Buch „Ich singe meine Sorgen und male mein Glück“ mit vielen darin enthaltenen Songtexten. Wie Jimi Hendrix war sie eher eine Musikerin, die andere Musiker beeinflußt, dennoch hatte Joni auch eine Zeit, in der sie in Fußballstadien und auf großen Bühnen auftrat. Sie machte wohl mit „Big Yellow Taxi“ eins der ersten Umweltthemalieder, schuf die Hymne eines Rockfestivals, auf dem sie nie war, und war für einen der meistgesehenen Weihnachtsfilme „Tatsächlich Liebe“ mitverantwortlich, in dem einer ihrer bekanntesten Songs mitvorkommt.

Es wurde Zeit für einen Krimi, immerhin haben wir im Wochenendhaus eine ganze Krimibibliothek. Die Wahl fiel auf „Bis zur Neige : Ein Fall für Berlin und Wien 2“ von Claus-Ulrich Bielefeld und Petra Hartlieb. Ein Edelwinzer in Österreich und ein Szenelokalbetreiber in Berlin, der den Wein des ersteren ausschenkte, werden ermordet. Berlin und Wien, bzw. Kommissar Bernhardt und Chefinspektorin Habel müssen wieder zusammenarbeiten, was nicht immer unproblematisch ist. Hier haben mich die Nebenhandlungen kaum gestört. Ich sollte noch einen weiteren Fall von den beiden lesen, es gibt inzwischen vier.

Gelesen im Februar: Im größten Frust (über unseren Mittelalterverein) erreichte mich ein Buch aus den USA von der Köchin und Historikerin Dr. Hélène Jawhara Piñer, die in dieser veröffentlichten Dissertation mit dem Titel „Jews, Food and Spain“ hauptsächlich das erste bekannte iberische Kochbuch auch bekannt als Kitāb al-Ṭabikh fī al-Maghrib wa al-Andalus fī ʽAṣr al-Muwaḥḥidīn, li-muʽallif majhūl untersucht. Am Ende ihres Buches steht der wundervolle Satz: „To eat is to remember“. Wir haben uns auch gleich das Kochbuch Sephardi von ihr bestellt.

Sephardi : Cooking the History. Recipes of the Jews of Spain and the Diaspora, from the 13th Century to Today. Das Kochbuch von Dr. Piñers ausprobierten sefardischen Rezepten aus hist. Kochbüchern wurde gelesen. Einiges wurde auch nachgekocht. Verraten sei schon, dass Piñer die Aubergine sehr liebt. Und es gibt auch einige Überraschungen, z. B. Mangold.

Mit Pantopia von Theresa Hannig wieder etwas belletristisches und fantastisches auf dem Lesetisch: Es ist der literarische Traum von einer besseren Welt, eine Utopie über eine Superintelligenz, die zum Wohle der Menschheit versucht die Macht zu übernehmen. Kann das gutgehen und wenn, wie? Mir hat das Buch jedenfalls sehr, sehr viel Hoffnung gemacht. Zur literarischen Qualität kann ich nur auf den aufgedruckten Preis verweisen. Den beiden jungen Programmierern Patricia und Henry gelingt bei einem Wettbewerb um die beste Trading-Software das Unmögliche: Sie erschaffen eine Superintelligenz, eine Künstliche Intelligenz, die Bewußtsein entwickelt. So ist die eigentliche Hauptperson des Romans eben diese neue und einmalige Species, die sich selbst „Einbug“ (Ein Fehler im Programm!) nennt, nach den ersten Worten, die sie begriffen hat. Nachdem es Patricia und Henry gelungen ist, Einbug vor dem Zugriff der Firma, für die sie das Programm entwickelt haben, zu retten, nimmt die KI das Schicksal selbst in die Hand und erfindet „Pandopia“, eine Weltrepublik, die auf den Menschenrechten und auf direkter Demokratie fußen soll. Die Bewohner nennen sich Archen und Einbug ist die erste Arche Pantopias. Und da Geld Macht ist und Einbug ursprünglich eine Trading-Software war, macht sich die Superintelligenz genau dies zunutze. Die Politik reagiert viel zu langsam, weiß die KI. Und um sein Ziel zu erreichen, müssen auch die engsten Freunde manipuliert und hinters Licht geführt werden. Es ist zu ihrem eigenen Nutzen. Eine BKA-Beamtin ist für Einbug nun wirklich kein wirklicher Endgegner. Nächste Station die Übernahme der Vereinten Nationen! Pantopie ist wirklich ein wunderschöner Traum!

Gelesen im März: Coomers „Rosinante oder die Liebe zum Meer“ ist schon etwas älter. Das Original unter dem Titel „Beachcombing for A Shipwrecked God“ ist von 1997, aber ich liebe dieses Buch. Rosinante oder auf engl. „Strandraub für einen schiffbrüchigen Gott“ ist einer meiner Lieblingsromane. Gefühlt sind die drei weiblichen Hauptpersonen Chloe (17), Charlotte (ca. 35) und Grace (75) den ganzen Roman auf der Flucht, um an der kanadischen Küste die Insel Prince Edward Island den fiktiven Schauplatz des Romans „Anne auf Green Gables“ zu erreichen. Beim zweiten Lesen stellte ich erschrocken fest, dass diese turbulente Reise nur einen kleinen Teil des Romans ausmacht und sich die Handlung rund um die drei Frauen und ihre Holzyacht, die sie zu ihrem Zuhause gemacht haben, sehr, sehr langsam entwickelt. Dabei läßt sich der Autor Joe Coomer viel Zeit, um die Eigenheiten und Schicksale der drei Frauen, die sich zufällig zusammen gerauft haben, zu entwickeln.

Sehr traurige Geschichten bietet Annette van den Berghs „Sehnsucht“. Das sind Geschichten, die mich sehr berührt haben. Annette und ihre schwarzen Kater kenne ich von Twitter. Nun bin ich bei bluesky und sehe von ihr leider nur noch selten etwas. Das ist sehr schade.

Gallant“ von Victoria E. Schwab ist ein Roman, den ich in 1 ½ Tagen wie im Rausch durchgelesen habe und das ist doch das größte Lob, das einer Geschichte gemacht werden kann. Es sind 350 Seiten eines Gesamtkunstwerks aus Cover, wunderschön passenden Illustrationen und einer spannenden Story, die ganz ohne Effekthascherei und Schockeffekte zu fesseln weiß. Dabei beschränkt sich Schwab auf das Wesentliche und bis auf das Spiel mit den Tagebüchern der Mutter der Hauptperson reicht der Autorin ein einziger Erzählstrang. Oft ist die Spannung kaum auszuhalten. Und das Ende, das ich keinesfalls verraten möchte, rundet das Werk ab wie ein zartes Klavierspiel im Dämmerlicht.

„Das Buchmaultier von Córdoba“ von Wilfrid Lupano ist eine Graphic Novel. Die Vernichtung der Bibliotheken von Córdoba durch Al-Mansur, der sich dadurch eine Unterstützung der islamischen Geistlichkeit für seine geplanten Kriege erhoffte, wird beispielhaft durch die Figuren Tarid, Eunuch und Bibliothekar, der Kopistin Lubna (eine hist. Figur, beispielhaft für die 170 weiblichen Kopistinnen der Bibliothekeken der Kalifatshauptstadt), dem Dieb Marwan und eben dem Maultier, dass die wenigen geretteten Bücher tragen soll, erzählt. Am Ende wird diese kleine Gruppe inkl. der Bücher von unerwarteter Seite gerettet. Trotz einiger Schwächen, was hist. Kleidung etc. betrifft (besonders die Wikinger sind schlecht und was raucht die Wache auf den Mauern von Córdoba?), ein wundervolles Werk über einen Teil der Geschichte, das in Medien und Geschichtsunterricht viel zu kurz kommt: Die gezielte Vernichtung von Wissen durch Fanatiker und gewissenlose Politiker. Eine der besten und kürzesten Darstellung der Geschichte des islamischen Spaniens ist übrigens das Nachwort von Pascal Buresi im „Büchermaultier“ und das gibt es umsonst obendrauf. Selten so etwas Gutes über die Geschichte von Al Andalus gelesen wie diesen Text.

Novellen von Cervantes gelesen, darunter La española inglesa. Ich war sehr erstaunt, wie positiv er Elisabeth I. geschildert hat, erstaunlich, da E. I. in Spanien als „Ketzerkönigin“ galt.

Gelesen im April: Ich habe selten ein so spannendes Sachbuch wie „Lebendige Nacht“ gelesen. Nein, Lesen ist untertrieben, denn ich habe es verschlungen. Oft lege ich Sachbücher zur Seite, weil zu dröge. Manchmal lese ich auch nur die Abschnitte, die mich interessieren. Das war hier anders. Ganz anders! Bei Sophia Kimmigs Buch wurde aufgegessen und der Teller abgeschleckt. Was macht Kimmigs „Lebendige Nacht“ so lesenswert? Das liegt am Thema, denn die Biologin nimmt uns mit in die verborgene Welt der Tiere, d.h. es geht um das Leben von nachtaktiven Tieren. Sie erzählt, wie diese Nachtaktivität entstand, welche Formen sie beinhaltet und welche „Stars“ es im tierischen Nachtleben gibt.

In unserer bereits erwähnten Krimibibliothek fanden sich die „Hexergeschichten“ von Edgar Wallace in einer alten DDR-Ausgabe. Die sind sogar sehr gut und amüsant. Womöglich sind die Geschichten aber in eine lesenswerte Form übertragen worden.

Bleiben wir kriminalistisch. Reden wir nicht lange drum herum. Das Delikatessengeschäft der Heinleins, geführt in dritter Generation, hat schon bessere Tage erlebt. Auch Stephan Ludwig konnte mich mit seinem 13 Hallekrimi, Schröder und Zorn (nicht namentlich genannt, aber deutlich erkennbar) spielen nur am Rande mit, nicht vollkommen überzeugen. Vielleicht hätte er die künstlerische Gesamtkomposition noch einmal abschmecken sollen, bevor diese die Schriftstellerküche verließ?! Stellenweise, besonders beim ersten Gang, zeigte sich, was für ein hervorragender Autor Ludwig ist, aber schnell ist ein Restaurantstern weg, wenn der Nachtisch misslingt und die Gesamtkonzeption aus den Fugen gerät.

Mord gibt es auch in „Schwarze Kürbisse“ von Malika Ferdjoukh, ein wundervoller Roman in einem Landhaus in Frankreich spielend. Seitdem habe ich vor Familientreffen große Angst! Und es stand mir ja noch bevor! Hilfe!

April war wirklich Krimimonat! Weiter geht es mit Amy Achterops Amsterdamer Hausboot Detektei und ihrem ersten Fall, „Tödlicher Genuss“. Das ist ein Cozy Crime mit diversen und skurilen Ermittlerteam + Ermittlertieren, die mich überraschten, erfreuten und gut unterhielten.

Im Mai war Schluss mit Mord und Totschlag! Obwohl, bei griechischen Göttern, denen man im London des 21. Jahrhunderts begegnet, kann auch so einiges passieren. Denn Artemis holt den Göttern eine Putzfrau ins Haus, und plötzlich steht die Götter-WG Kopf. Marie Phillips „Götter ohne Manieren“ sind eine heitere, unanständige und turbulente Unterhaltung für Zwischendurch, sogar mit Happyend, wie ich mir aufgeschrieben habe. Das Buch habe ich übrigens aus unserer kleinen Gutsbibliothek, öffentlicher Bücherschrank bzw. Littlefreelibrary, gefischt.

Bei meiner Tochter lag der Erzählungsband „Mars“ von Asja Bekić herum. Das waren sehr beeindruckende SF-Geschichten außerhalb der Genre-Grenzen, kann ich sehr empfehlen.

Mit Blick aufs Meer (engl.: Olive Kitteridge) von Elisabeth Strout hat mich ebenfalls sehr berührt. Die Kurzgeschichtensammlung, die sich als Roman tarnt, spielt in Maine, USA. Die Stories um die einsame, depressive und harsche Mathematiklehrerin Olive haben mich zum Teil sehr mitgenommen.

Die Möwen von Fehmarn 1 : Mord am Südstrand“ von Rebecca Schulz konnten mich nicht ganz überzeugen, was aber eher an meiner Erwartungshaltung lag. Was sie auch immer über Möwen an Vorurteilen hatten, sie sind noch viel, viel schlimmer! Allerdings hat sich der mutmaßliche Tierkrimi im Verlauf der Handlung eher in eine beginnende Tierfantasyserie verwandelt, was interessant, aber nicht so ganz mein Geschmack war.

Gelesen wurde im Juni: Schwer beeindruckt hat mich Diane Setterfields „Die Dreizehnte Geschichte“, übersichtliches Personal, grandios, Bezüge zu Middlemarch (z.B. S. 305). Und der Schluss hat mich wirklich überrascht. Ganz, ganz großes Kino. Ein Buch, dass ich auch wieder aus der Littlefreelibrary gefischt und sofort geliebt habe. Und weil ich so verliebt war, folgte gleich darauf ein zweites Buch von Frau Setterfield und zwar:

„Was der Fluss erzählt“ Dieses Buch ist märchenhafter als „13 Tale“, hat mich aber nicht gleich gefesselt, es war eher Liebe auf den zweiten Blick. Wie die dreizehnte Geschichte ist es eine Art Kriminalfall, aber neben der Entführung eines Kindes und dem Auftauchen eines anderen Kindes in einer märchenhaften Nacht spielt der Fluss Themse oberhalb von Oxford die Hauptrolle und die liebevolle Zeichnung der Flussbewohner, fast schon tolkienhaft erzählt. Da ich auch ein Flußbewohner bin, habe ich diese Liebeserklärung zu schätzen gewußt.

Etwas für zwischendurch waren die Kurzkrimis „Abgründiges Ahrtal“ von Karin Joachim. Diese Autorin ist in der kurzen Form sogar noch besser als bei den langen Krimis, die sie über die Tatortfotografin Jana Vogt im Ahrteil spielend verfaßt hat.

Wir bleiben beim Thema Fluss: „Der Donaulimes, der mit 2000 km Länge von Bayern bis zur Donaumündung im Schwarzen Meer reicht, gehört seit 2021 zum UNESCO-Weltkulturerbe.“, schreibt der Verlag über sein Zeitschriften-Sonderheft in Buchform. Besonders haben mich die Artikel über das Alltagsleben der Flussbewohner im römischen Reich interessiert, z.B. „Marion Großmann – Zivilleben am Donaulimes“. Der römische Alltag in Carnuntum“ und natürlich Artikel über die damalige Flußschifffahrt.

Von der Donau nach Dublin: „Der Teufel von Dublin : Neue Father-Brown-Krimis“ von T. H. Lawrence kam natürlich nicht an das Original heran, war aber sehr unterhaltsam und lesenswert. Das Pater Brown fast zum Lieblingsheiligen kath. Verlage wird, hätte Gilbert Keith Chesterton sehr amüsiert.

Im Juli ging es in die Provence, zumindest literarisch. Maike Nielsen kannte ich bereits als Jugendbuchautorin, aber das war hier ein anderes Kaliber. Eine Anhalterin strandet in der Provence und lebt bei einer anderen Frau, sie verliebt sich in einen Artisten/Dachdecker, plötzlich bricht alles zusammen. Ihr Freund stirbt, die Gastgeberin, inzwischen ihre beste Freundin verschwindet, sie kehrt mit einem werd. Kind nach Hause zurück. Erst Jahre später trifft sie ihre Freundin wieder, die plötzlich eine ganz andere ist. Aber wer war die Frau wirklich? Der Roman hat mich traurig und nostalgisch gemacht, ging mir nicht alleine so. Von allen Buchpreisen unbeachtet, dabei wesentlich besser als unten „Ziplock“.

Enrique, der Hipster, kehrt nach Studium in Madrid und dem Bruch mit seiner Freundin Lina, nach La Cañada, seinem Heimatdorf zurück. Er kommt bei Tante und Onkel unter. Im Dorf leben fast nur noch alte Menschen wie in vielen spanischen Dörfern. Doch unser Hipster möchte sich nicht nur verkriechen, sondern vor Ort etwas auf die Beine stellen, gibt workshops, wird sogar Bürgermeister. Er kann die einzige junge Frau im Dorf, Lourdes, für sich gewinnen und fördert die örtliche Wirtschaft. Er verteidigt die Traditionen des Dorfes gegen kulturelle Aneignung von außen, kann einen Filmdreh ins Dorf holen und vertritt das ländliche (leere) Spanien sogar bei einer Klimakonferenz in Madrid, bei der es eine Entführung einer bekannten Klimaaktivistin gibt, um die sich der Hipster auch noch kümmern muß. Ruhiges Landleben war gestern, hier kommt der Hipster und sein Dorf in Teruel. Ich bin leicht zu begeistern, aber der Holzhammerhumor mit z.T. uralten Witzen war selbst mir manchmal zu viel. Da wurde kein Klischee ausgelassen, was andere spanische Regionen, katholische Kirchenmänner oder die Neofaschisten betraf. Nach dem tiefgründigen Roman von Nielsen hatte es Gascón eher schwer bei mir. Zudem kommen deutsche Leser mit der anekdotenhaften Form, seit Cervantes beliebt, der spanischen Romane nicht klar.

Die zweite Graphic Novel waren die „Gruftis“ von Léa Mazé. Und ich bin ein wenig verliebt. Es ist ein zeichnerisch und storymäßig gut gelungener Comic-Krimi in einem gruftimäßigen Ambiente, denn die beiden Hauptpersonen sind Kinder einer Bestatterfamilie, die ihre Firma und Wohnhaus direkt am Friedhof haben. Der Nachhauseweg der Zwillinge Celine und Colin von der Schule führt direkt über den Friedhof. Und natürlich werden sie in ihren Klassen gehänselt deswegen. Aber das ist nicht alles, denn auf dem Friedhof geschehen plötzlich merkwürdige Dinge.

Nur selten nehme ich von schönen Ausstellungen auch einen Ausstellungskatalog mit. Aber dieses Mal mußte es sein, da es auch ein Stück Familiengeschichte enthält. Die an zwei Orten in der Stadt gezeigte Ausstellung „Halle am Meer“ beinhaltete nämlich auch einen DDR-Kunstskandal von 1951, in dem eine Verwandte, die an der Burg Giebichenstein Studentin war, beteiligt war. So war auch ihr persönliches Fotoalbum in der Ausstellung. Ausstellung als Stück Familiengeschichte sozusagen.

Über Israel reden die Deutschen gerne. Ausgehend davon hat Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, mit „Über Israel reden : Eine deutsche Debatte“ ein Buch über die einzige Demokratie im Nahen Osten geschrieben. Mendel beginnt sein Buch sehr persönlich über seine Zeit in der israelischen Armee, über sein Studium in Deutschland und seine Desillusionierung, was Israel betrifft, durch die erneute Wahl von Benjamin Netanjahu und seine rechtsextremen Verbündeten. Mendel hat den Eindruck, dass Israel sich abschafft. Mendel wirft einen Blick darauf, wie wir Deutschen auf Israel schauen. Dabei läßt er auch Reizthemen wie den BDS-Streit (BDS = Boycott, Divestment and Sanctions („Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“)) nicht aus. Mendel bietet kein Patentrezept, er macht aber nachdenklich. Die Frage am Ende ist: „Wird es jemals möglich sein, hier in Deutschland eine sachliche Debatte über Israel zu führen?“ Mit diesem Buch sind wir in der Angelegenheit zumindest einen Schritt weiter.

Danach wurde ein DDR-Krimi von Claus Ulrich Wiesner, „Das Möwennest„, gelesen. Eine Liebeserklärung an Hiddensee und als Krimi auch gar nicht so schlecht gewesen. Das Buch fand ich in unserer Cottage-Krimibibliothek.

Im August ging es zurück nach Dublin und zwar zusammen mit Elia Evander, einer kindlichen magischen Agentin, um einigen Feen auf den Keks zu gehen. Anja Wagner ist mit „Magic Agents – In Dublin sind die Feen los!“ ganz eigene Wege gegangen, was das Genre der „Zaubererkinder“ betrifft. Spannend ist das Jugendbuch obendrein. So kann ich es mit besten Gewissen empfehlen. Allerdings spielt der 2. Teil in Prag und so sucht sich die Autorin anscheinend die touristischen Highlights unter den magischen Orten aus. Die Leser/innen sind darüber nicht erbost, sondern weiterhin sehr begeistert.

Wieder Krimizeit, ich erfuhr vom „Ostfriesenschwur“ von Klaus-Peter Wolf. Da verschickt jemand abgetrennte (Ostfriesen-) köpfe und wer darf dieses unappetitliche Rätsel wiede reinmal lösen, natürlich Ann Kathrin Klaasen und ihr Team, inzwischen auf Serienmorde spezialisiert. Dazu passt ein kräftiger Tee!

Wir bleiben bei Mord und Totschlag, reisen aber von Ostfriesland nach England: „Erased – Ein Charles Norcott-Roman“ von Jürgen Albers. Ich fand das Oxforder Ambiente herrlich und auch die Auflösung war überraschend, dazu köstliche Dialoge, absolut lesenswert.

Ein wunderschönes Jugendbuch, ein verrücktes Roadmovie um Liebe und Tod ist „Crazy Schmidt … und der krasseste Roadtrip meines Lebens“ von Hans-Jürgen Feldhaus. Das ist das Sommerbuch pur und ein Vergnügen zu lesen. Wenn ich mal schlechte Laune habe, nehme ich es wieder zur Hand.

St. John Mandels „Das Meer der endlosen Ruhe“ ließ mich dagegen ratlos zurück, ein seltsames Buch, wirkt wie aus einer Anomalie gefallen, sehr episodenhaft. Science Fiction, die keine sein will, ähnlich wie Cloud Atlas, doch die meisten Gedanken waren in den 70.ern bereits in SF-Stories besser verarbeitet worden. Dazu nur aus ihrer Oberemittelschichtsicht geschrieben. Immerhin von ihr gut konzepiert und schöne Auflösung.

„Gewässer im Ziplock“ von Dana Vowinckel war ein ebenso merkwürdiges Buch wie das oben erwähnte, aber auf andere Weise. Es ist eins der besten Jugendbücher, dass ich in letzter Zeit gelesen habe, ohne ein Jugendbuch sein zu wollen. Die Autorin braucht beim Verhältnis Juden/Deutsche nicht zu übertreiben oder zu verfremden. Schüsse auf eine Synagoge wie in Halle und das Erschießen von Passanten aus Wut auf Juden sind etwas, was sich Vowinckel nicht ausgedacht hat. Der deutsche Antisemitismus, aktuell sogar in einer Landesregierung (Bayern) vorhanden, ist etwas, was uns aktuell beschäftigt. Dabei malt die Autorin niemals schwarzweiß. Sie redet nicht um die Widersprüche und die Vielfältigkeiten herum. Sie beschreibt sie mit Augenzwinkern, manchmal auch mit Humor (Krabbenbrötchen), aber es hängt in den Augenwinkeln immer eine Träne. „Alles, was sie wollte, war, dass jemand sie schön fand.“ Jenseits, aller Identitäten, ist dieser Satz aus dem Roman die beste Zusammenfassung für „Gewässer im Ziplock“.

So lasen wir uns langsam in den September: Kaffeefassen ! Und zwar im „Magie und Milchschaum“ von Travis Baldree. Denn was machen Orkse im Ruhestand? Baldree, der selbst aussieht wie ein Hobbit, erzählt von der unerschrockenen Ork-Kriegerin Viv, die das Schwert „Schwarzblut“ an den Nagel hängt, und im Hafenort Thune ein Café eröffnet. Das einzige Problem ist, dass Kaffee in der Welt, in der Viv lebt, nahezu unbekannt ist. Und das ist nicht das einzige Problem, dass Viv hat, aber zum Glück findet sie mit dem Kobold Cal, dem Succubus Tandri und dem Bäcker Fingerhut u.a. neue Freunde. Und auch einige der Gäste packen tatkräftig mit zu, wenn es nötig ist. Und was hat es mit der gewaltigen Finsterkatze (65 kg!) auf sich, die kommt und geht, wie es ihr gefällt? Zudem gibt es alte und neue Feinde, denen das neue Glück von Viv nicht passt. Bleibt Viv an der Kaffeemaschine, von freundlichen Gnomen geliefert, oder greift sie erneut zum Schwert? Das ist übrigens auch eine ziemlich queere Liebesgeschichte.

Die „Lehrmeisterin“ von Frau Rowling und Herrn Gaiman war unzweifelhaft Diana Wynne Jones. Ich gebe aber zu, „Fauler Zauber“ ist zwar sehr humorvoll, aber nicht ihr bestes Werk. Geschäftemacher beuten eine Fantasywelt für Ihre Tourismusidee aus. Lassen es sich Zauberer, Drachen, Elfen usw. lange gefallen? Es wird zumindest sehr turbulent bis zum Schluss. Auch als Jugendbuchfantasy geeignet, überfordert aber interlektuell einige Erwachsene, wie ich bei der Durchsicht von Rez. bemerkte.

Weiter geht die Lesereise nach Canada: Ich war noch sehr begeistert von „Das Dorf in den roten Wäldern“, von Louise Penny, der erste Fall für Gamache. Die Reihe um das Dorf Three Pines geht wohl schon auf den 18. Band zu. Das Ambiente und das Personal super, die Auflösung weniger gut.

Zwischendurch noch einmal ein Kochbuch: „A Drizzle of Honey: The Life and Recipes of Spain’s Secret Jews“ von David M. Gitlitz und Linda Kay Davidson. Aufgrund der Kochgewohnheiten der verborgenen Juden Spaniens konnte die Inquisition diese aufspüren und aburteilen. Doch diese schrecklichen Vorgänge bewahrten die Rezepte und die Namen der Opfer. Die ursprüngliche Küche der sefardischen Juden ist damit rekonstruierbar und das ist der große Verdienst von Herrn Gitlitz und Frau Davidson.

Die Insel der Tausend Leuchttürme“ von Walter Moers begleitete mich den weiteren September. Endlich wieder Verreisen mit Hildegunst von Mythenmetz. Dieser fährt zur Kur auf die Insel Eydernorn. Und Sie glauben doch nicht, dass danach noch ein Leuchtturm stehen bleibt, oder? Es wird auf jeden Fall wirder eine abenteuerliche Reise für den Dichterfürsten. Dieses Mal versuchte sich der Meister an einen Briefroman. Ob es ihm gelungen ist?

Über all den vielen Leuchtturmbesuchen wurde es Oktober: Es ging zuerst nach Berlin, in den 13. Bezirk der Stadt. Wieland Freunds fantastischer Berlin-Roman „Dreizehnfurcht“ war ein einzigartiges Lesevergnügen, an dem ich im Grunde wenig zu bemängeln finde. Die Idee um „Dreizehneichen“ ist gut durchdacht, hervorragend und spannend umgesetzt und insgesamt ist alles rund und sauber herausgearbeitet. Lediglich das „große Finale“ kommt etwas plötzlich und mit dem Gefühl von „Wir reiten alle glücklich in den Sonnenuntergang“, aber warum nicht? Fast wirkt es wie eine Mahnung für den derzeitig regierenden Bürgermeister und sein Team, wohin nämlich sektiererische Rückständigkeit und Beharren auf das Gestrige führen kann.

Kate Thompsons „Die Bibliothek der Hoffnung“ begleitete mich durch Schottland. Dieser Roman von der U-Bahn-Tunnelbibliothek im II. Weltkrieg, nach einer wahren Geschichte, ist eine einzigartige Liebeserklärung an alle Bibliothekarinnen und Bibliothekaren und anders, als das etwas kitschige Coverbild befürchten ließ, sogar sehr gut geschrieben und umgesetzt. Völlig entflammt bin ich von den vielen wundervollen Zitaten, die jedem Kapitel voran gestellt wurden. Draußen hinderte uns derweil der Sturm auf die Orkneys überzusetzen.

In Ullapool, Nordschottland, brauchte ich ein neues Buch und da der Besuch eines kleinen Buchladens allein schon ein Vergnügen ist, machte ein schönes Buch gleich noch mehr Spaß. Meine Wahl fiel nämlich und zum Glück auf Good Omens von Neil Gaiman und Terry Pratchett. Der teuflische Inhalt des Werkes ist schwer zu beschreiben, aber alles begann mit der Prophezeihung einer Hexe und mit dem Vertauschen von Babies im Krankenhaus. Oder noch früher? Egal, es gebt auch um Bücher und wenn der Weltuntergang zudem abgewendet wird, sind wir gleich noch glücklicher! Wickedly funny indeed!

Im November wurde gelesen: Zeit für ein weiteres Kochbuch und zwar „Yerevan : Die armenische Küche. Eine eindrucksvolle Reise durch Land und Kultur | Rezepte und Geschichten aus Armenien“ von Marianna Deinyan und Anna Aridzanjan. Ich freue mich schon darauf, einiges daraus zu kochen. Die Einführung machte schon großen Appetit. Wir sind eine Stadt mit einer armenischen Gemeinde und einem Sühnekreuz. Das verbindet und macht Lust auf mehr Yerevan!

Es war wieder Zeit für einen Krimi und gefesselt hat mich „Tief eingeschneit : Der zweite Fall für Gamache“ von Louise Penny. Fand ich sehr toll vom Ambiente und wieder war die Auflösung nicht sehr stimmig, aber was richtig nervte, war die Nebenhandlung mit einer Nebenfigur, die anscheinend die nächsten 100 Bände fortgeführt werden soll. Mein zweiter und letzter Gamache, es gibt noch so viele Krimis und ich möchte beim Lesen nicht genervt werden. Immerhin war ich nun gut auf den Winter vorbereitet.

„Fake History – Hartnäckige Mythen aus der Geschichte : 101 Dinge, die so nie passiert sind, aber alle für wahr halten“ von Jo Hedwig Teeuwisse. „The Fake History Hunter“, die ich von Twitter und Bluesky kenne, „entlarvt in diesem Buch 101 der weitverbreitesten Mythen über historische Tatsachen und stattet uns so mit dem nötigen Rüstzeug aus, um vor unseren Freunden mit geschichtlichem Wissen zu glänzen und Geschichtsfälschungen zu erkennen und zu korrigieren, wo immer wir ihnen begegnen.“ Das macht sie mit großen Humor, großer Sachkenntnis und einem Bekenntnis zum Weihnachtsmann bzw. Santa Claus. Ich war begeistert.

Ich habe neuerdings einen japanischen Schwiegersohn, aber zum „Restaurant der verlorenen Rezepte“ von Hisashi Kashiwai kam ich nicht über ihn, obwohl Schwiegersohn auch etwas mit Kochen und Essen zu tun hat. Das Buch hat mich sehr glücklich gemacht, trotz einige erzählerischer Schwächen. Nagare und seine zwanzigjährige Tochter Koishi betreiben ein ganz besonderes Restaurant in Kyoto. Denn eigentlich ist es eine geheime Detektei, von der aus der ehemalige Kriminalbeamte Nagara Rezepte sucht, an die sich seine Klienten nur noch mit Mühe erinnern können und mit denen sie etwas verbindet. Essen ist Erinnerung, da haben wir es wieder!

Von Kyoto nach Amsterdam, Lesen ist auch Reisen: „Die Hausboot-Detektei 2 – Tödlicher Grund“ von Amy Achterop war wieder sehr cosy, auch wenn dieses Mal ein Mitglied des Teams unter Verdacht geriet. „Mit der Rohstoffgewinnung im Ozean lässt sich viel Geld machen. Und zwar auf Kosten der Umwelt. Finden die Detektive gar nicht gut, und so wird das Aufklären dieses Todesfalls zur wahren Herzensangelegenheit.“ Ich habe mich jedenfalls köstlich amüsiert und liebe alles diesem chaotischen Team. Wäre übrigens auch als Jugendkrimi geeignet.

So ein bißchen Reisenachbereitung erfolgte mit dem Buch von „The Art of Coorie“ von Gabriella Bennett, auch optisch ein sehr schönes Buch und mit einer eigenen Playlist von Songs auf Spotify ausgestattet. Wenn schon einige Magazine Coorie als Nachfolger von Hygge, der dänischen Gemütlichkeit, preisen, kann ich nur warnen. Coorie ist nicht nur Lifestyle, zu Coorie gehört die schottische Landschaft, das schottische Essen/Trinken (Hicks!) und die schottische Sprache dazu, Aye! Nicht so einfach nach Kleinkleckersdorf im Sauerland zu übertragen, denke ich.

Es ging auf Weihnachten zu und so machte mir der zweite Ostfriesenwolf mit dem Titel „Der Weihnachtsmannkiller“ einen großen Spaß. Klaus-Peter Wolf hat damit eine winterliche Parodie seiner Serienkillerserie „Ostfriesendingsbums“ geschrieben. Ann Kathrin Klaasen und ihrem Team durften sich ausnahmsweise bei Glühwein und Plätzchen heiter auf die Serienmörderjagd begeben. Endlich einmal ein gelungenes Weihnachts-/Neujahrsspezial von einem deutschen Autor. Bitte nicht im Sommer aufn Deich lesen!

Passenderweise wurde es nun Dezember: Vorgelesen wurde jeden Tag aus den „Adventskätzchen“, eine Sammlung von Geschichten mit Rahmenhandlung von z.T. hochkarätigen Autoren wie Margaret Atwood, Haruki Murakami, Patricia Highsmith oder Kurt Tucholsky. Besonders gut hat uns die Krimigeschichte aus Schottland mit dem „Killerkater“ von Ann Granger gefallen.

Ich kränkelte kurz vor Weihnachten etwas herum, kein Covid, aber es halfen mir einige leichte Lektüren dabei über den Berg. Gefallen hat dabei Carlo Feber mit seinem „toten Champagner-Präsidenten“, Cédric Bressons erster Fall. Cédric ist aus dem Polizeidienst ausgeschieden, dennoch zwingt ihn das Innenministerium zusammen mit der örtlichen Polizei in einem Mordfall zu ermitteln. Kann das gutgehen, denn es wird ein Baby erwartet und da ist ja auch noch das Weingut…

Und wie gesagt, dies sind nur die 55 Bücher, die mir gefallen bzw. die ich nicht abgebrochen habe. Da ich zum Vergnügen lese, verwundert es nicht, das 80 % davon Belletristik waren, aber immerhin noch 20 % Sachbücher, davon in diesem Jahr 3 neue Kochbücher. Deutsche Originale waren von den 55 Bücher immerhin 40 %. Ich habe aber auch 5 Bücher in einer fremden Sprache, engl., gelesen. Gelesen wurden 2 wunderschöne Graphic Novels. Von allen gel. Büchern waren 27 % Krimis, 23 % Fantasy und nur 4 % Science Fiction.

Jetzt freue ich mich auf das neue Lesejahr 2024! Euer Bibliothekar der freien Gutsbibliothek

Lesestoff

Das neue Jahr und der #Lesemittwoch

Habt ihr auch zu wenig Zeit zum Lesen? Warum sich nicht einfach die Zeit nehmen und zusammen lesen! Auf Twitter und anderswo können Menschen sich auch darüber austauschen.

Die Idee für den #Lesemittwoch und den Austausch auf Twitter oder wo auch immer hatte der „Buchladen Neusser Straße & nebenan“ in Köln. Seit Januar 2020 muß auch die Buchhandlung Molsberger im Steinweg in Halle (Foto) mitmachen. Pech, dass sie auf meinem Nachhauseweg liegt.

Nicht unglücklich sein, lesen!

Wie alles begann, erzählen die Buchhändlerinnen aus Köln hier… Da erfahrt ihr auch, wie ihr mitmachen könnt. Und ich erfahre, was ich alles falsch gemacht habe, weil ich schon am Nachmittag anfange zu lesen. Aber zu viel lesen, schadet doch nicht, oder? „Jeder darf sich eingeladen fühlen und sich uns mit dem Hashtag #lesemittwoch anschließen. Ihr müsst dafür nichts weiter tun als: Eine Stunde lang lesen.“

Vor dem Lesen kann man sich auch Buchtipps holen. Diese Woche haben meine Buchhändlerinnen aus dem Steinweg den Titel von Sophia Mott „Mein Engel, mein alles, mein Ich“ empfohlen. Passend zum Beethovenjahr geht es um Ludwig und die Frauen. Beim Hereinlesen ergab sich bereits eine spannende Frage auf den ersten Seiten: Verliert der Tastenzauberer seine Unschuld? Und mit wem? Das ist schon etwas Klatsch aus der Klassik. Aber gut geschrieben und die Quellen werden herrlich trocken kommentiert.

Bevor es endlich ans Lesen geht, schaue ich natürlich noch in unsere kleine Gutsbibliothek, was es dort zu lesen gibt:

Auch in die nächste #Littlefreelibrary schauen

Die kleine Gutsbibliothek hat auch ein neues Buch zu bieten: „Hitler Trauzeuge“ von Peter Keglevic. Die letzten Wochen der Nazidiktatur als Groteske: Zu Hitlers Geburtstag soll in den letzten Kriegswochen noch einmal ein Lauf durch Deutschland stattfinden. Ausgerechnet ein flüchtiger Jude wird mitlaufen und am Ende ausgerechnet Hitlers Trauzeuge werden.

Genug Auswahl ist also vorhanden. Deswegen soll es jetzt auch ans Lesen gehen. Nicht nur jeden Mittwoch.

Der Bibliothekar der kleinen Gutsbibliothek

Buchbesprechungen, Lesestoff

Abb.-Quelle: Verlag
Abb.-Quelle: Verlag

Das habe ich mich bei „Tannie Marias Rezepte für Liebe und Mord“ von Andrew, Sally gefragt. Tatsächlich gibt es eine Menge kulinarischer Kriminalromane: Da fallen mir die Carvalho-Krimis von Manuel Vázquez Montalbán ein (Die gesammelten Rezepte hat der Rowohlt-Verlag vor Jahren dankenswerterweise in einem Sonderband veröffentlicht. Eins meiner liebsten Kochbücher). Viele andere Beispiele wären zu nennen bis zu den Krimis von Henn, Carsten Sebastian, die sich schon im Untertitel kulinarische Krimis nennen. Die Verbindung von Kochen und Mord ist also nichts Neues, bei Krimispielen trifft man sich am Abend bei guten Essen und Getränken und jagt im gutbürgerlichen Milieu den Mörder, gerne in Verkleidung. Bei der Schwedenkrimiausgabe gibt es passenderweise Geschnetzeltes.

Kleine Karoo, wo liegt das denn ?

Wir begeben uns nach Südafrika. Im Trockengebiet der kleinen Karoo lebt die Witwe Maria van Harten, genannt Tannie (Tante) Maria, die sich als Rezeptefee und Kummerkastentante einer Zeitung (meistens in Verbindung) ein wenig Geld dazuverdient. Als eine Frau, die sich wegen ihrem gewaltätigen Mann mit Tannie Maria in Verbindung gesetzt hatte, ermordet wird, beginnt sie sich zusammen mit ihren beiden Redaktionskolleginnen auf Mörderjagd, sehr zum Ärger und Kummer des örtlichen Chefdetektivs Henk Kannemeyer. Ein zweiter Mord geschieht und Maria kommt gar nicht mehr zum Kochen, sondern begibt sich selbst in große Gefahr. Wir ahnen es, der Mörder wird am Ende gestellt. Hups, der Roman geht ja noch weiter …

Vorsicht, nicht nüchtern genießen!

Tatsächlich ist bei Sally Andrews wenig von dem immer mehr vorherrschenden Schreibschulenstil zu bemerken. Sie erlaubt sich eine Menge Eigenheiten. Der Showdown läuft sehr verhalten ab, aber natürlich gibt es eine Menge falscher Spuren. So viele, dass ich zwischenzeitlich das Gefühl hatte, die Autorin weiß selbst noch nicht, wer der Mörder ist. Auch sehr skurill ist das Verhältnis des Ehemanns zur „Geliebten“ der Ermordeten. Zudem sorgen auch andere Protagonisten für ordentlich Farbe, oder sollte ich lieber sagen: Geschmack im Mordkuchen. Sally Andrews stellt ihr ganzes Mordrezept am Beginn des Romans vor.  Danach wird gleich losgekocht. Und wie! Deswegen sollte dieser Krimi niemals auf nüchternen Magen gelesen werden! Das könnte tödlich enden. Etwas genervt hat mich das Vorgehen der Übersetzerin, die afrikansken Wörter im Text stehen zu lassen, nach dem Motto: Das wird sich schon durch den Inhalt erschließen. Selbst mit einer dem niederländischen sehr ähnlichen Sprache aufgewachsen, konnte ich nicht alle Wörter zu ordnen (Nagut, aber die meisten). Gab es eigentlich ein Glossar? Und was hindert uns eigentlich daran, Tante Maria zu sagen? Das Afrikanske sollte Ambiente schaffen, nervte aber etwas.

Das ist was für Annette!

Tante Maria, Mörderjägerin, Köchin und Kummerkastentante, ist nicht mehr die Jüngste und zudem vollschlank und das hindert sie daran, überhaupt noch an Liebe zu denken, zumal ihre Ehe auch nicht das Gelbe vom Ei war. Doch da Liebe auch durch den Magen geht, handelt das langgezogene Ende des Romans (keine Kritik!, endlich jemand, der sich traut) von diesem großen Gefühl. Aber wer der Mörder ist und wen Maria abbekommt, das wird nicht verraten. Ich hatte sehr viel Spaß mit diesem trotz gelegentlicher Schießerei sehr soften Krimi mit Essen und Liebe und allen Drumherum. Und wenn ich jetzt Frauenkrimi schreibe, bekomme ich was auf die Glocke. Deswegen lasse ich Nachbarin Katrin sagen: „Das ist was für Annette.“ Ja, am Ende gibt es einen seitenlangen Rezepteteil. Hurra! Es ist tatsächlich ein Kochbuch, der sich als Krimi tarnt.

Eure kleine freie Gutsbibliothek

Buchbesprechungen, Lesestoff

lesestoff3Das Wetter ist schöner geworden. Wir können auf dem Gut wieder draußen sitzen, auf dem Hof oder direkt am Fluss, es uns gut gehen lassen und lesen. Es ist  zum Beispiel ausgelesen worden:

Isabel Bogdans „Der Pfau“ ist leichte Unterhaltungslektüre, die hauptsächlich auf dem Besitz von Lady und Lord Macintosh in Schottland spielt. Auf dem Besitz, der schon bessere Tage gesehen hat und durch Ferienvermietung finanziert wird, erscheint eine Gruppe von Bänkern. Sie wollen dort ein Teambuildingseminar durchführen. Auf dem weitläufigen Besitz hält der Lord auch Pfauen. Sie laufen frei herum, was normalerweise kein Problem ist, doch ein Pfau greift alles an, was von blauer Farbe ist. Das wäre ein schöne Idee, die mit etwas humoristischen Talent zu allerlei Verwicklungen und zu einer Menge Spaß sorgen könnte. Leider verschwindet der wildgewordene Pfau in lebendiger Form allzu schnell von der Bildfläche der Handlung. Wir bleiben mit den Bänkern, dem Personal, Lady und Lord zurück, etwas ratlos, leichter Ferienunterhaltung ausgesetzt, weit entfernt von John Cleese, mit dem zu werben sich der Verlag erdreistet hat.

Emanuel Bergmanns „Der Trick“ ist von einer ganz anderen Qualität. Sofort war ich verzaubert. Dabei ist eine der Hauptpersonen, Mosche Goldenhirsch genannt „Der große Zabbatini“, alles andere als ein sympathischer Mensch. Er rennt von zu Hause fort, wird Bühnenzauberer, feiert sogar Erfolge im Berlin der Dreißiger Jahre. Dort verleugnet er sein Judentum, wird durch Fälschung sogar „Arier“. Wenn nicht jemand noch eine Rechnung mit ihm offen gehabt hätte, wäre er damit durchgekommen und das Schicksal der Juden hätte ihn nicht berührt. Doch so ereilt ihn das Schicksal, das der Nationalsozialismus allen Juden zugedacht hatte. Aber nichts desto trotz gelingt ihm auf der Rampe von Auschwitz ein ganz großer Zaubertrick. Kommen wir zu der zweiten Hauptperson und damit der zweiten Handlungsebene. Wir sind in unserer Zeit und lernen den kleinen Max Cohn kennen, dessen Eltern sich gerade getrennt haben. Da fällt ihm die Platte mit dem „Liebeszauber“ des „großen Zabbatini“ in die Hände. Nur leider hat die Platte einen Sprung. Max beschließt den „großen Zabbatini“ zu suchen. Gelingt es Max, ihn zu finden? Und wirkt der „Liebeszauber“? Ja, es ist irgendwie auch ein jüdischer Roman. Seltsamerweise taucht weder im Klappentext, noch in der Werbung die Begrifflichkeiten Holocaust/Shoah auf. Sind diese Wörter schon abschreckend für den deutschen Leser? Natürlich ist „Der Trick“ kein Shoahroman, aber dieser unbeschreibliche Schrecken ist aus dem Schicksalsbogen einer jüdischen Familie im 20./21. Jhd. nicht wegzuschweigen, so auch hier. Doch im Grunde genommen fühlte sich Mosche Goldenhirsch gar nicht mehr jüdisch, er war ein Zauberer, ein Lebemann, ein Lebenskünstler. Auge in Auge mit der Vernichtungsmaschinerie konnte er sich nicht wegzaubern, wohl aber versuchen zu überleben. Und ist das nicht die Hauptsache, das Leben? Ich habe mich nicht gut unterhalten, sondern ich habe mich verzaubert gefühlt. Vielleicht schafft man diesen Spagat zwischen schweren Schicksal und zauberischer Leichtigkeit nur mit etwas Abstand von Deutschland (Der Autor lebt in den USA, schreibt aber deutsch) „Der Trick“ ist für mich nicht nur ein gutes, sondern auch ein wichtiges Buch.

Nicht ganz neu, aber frisch entdeckt ist Krischan Koch: „Rote Grütze mit Schuss“ (Gute Idee!). Dieser unterhaltsame Krimi entführt uns nach Nordfriesland in das verschlafene Dorf Fredenbüll, dort hält der Dorfpolizist Thies Detlefsen die Stellung. Fredenbüll ist ein fiktiver Ort, aber als jemand, der selbst lange in Nordfriesland gewohnt hat, sage ich: Den könnte es so geben. Detlefsen hat nicht viel zu tun, sein Stuhl wackelt. Da ist es ihm gar nicht so unrecht, dass die Dorfschönheit Swaantje verschwindet und der Biobauer Brodersen, ein biologisch-ökologischer Don Juan, tot im Mähwerk seines Mähdreschers liegt. Doch Detlefsen braucht zur Aufklärung noch Verstärkung und die kommt direkt aus Kiel, die attraktive Nicole Stappenbek. In Nordfriesland geht eine Menge ab, ein Ambientekrimi mit hohen Unterhaltungswert. Schauen wir mal, wie die Nachfolgebände sind. Ich freue mich immer, mal wieder in den Norden reisen zu können und sei es nur mit Hilfe eines Krimi.

Eure kleine freie Gutsbibliothek

Bestandsaufbau, Bibliotheksbau, Dekoration, Gutsbibliothek, Lesestoff, Ostern

Häschen von Kirsten, LD!
Häschen von Kirsten, LD!

Ostern 016, die Eröffnung rückt immer näher: Zwar regnet es draußen, aber die Arbeiten an der kleinen Gutsbibliothek gehen weiter. Zur Unterstützung ist der Osterhase persönlich gekommen. Und es ist wirklich eine Menge geschehen.

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Malerarbeiten

Die kleine freie Gutsbibliothek ist vor das Haus gewandert. Neben den Malerarbeiten bin ich dazu gekommen, die Tür zu bauen. Vom Gewächshaus ist noch eine Plastescheibe übrig, die genau in den Türrahmen paßt. Das Problem ist also auch gelöst. Ständer, Scharniere, Metallhalter für die Ständer, alles wurde im Wochenendhaus gefunden oder gekauft.

Ein kleiner roter Flieger sucht nach dem besten Platz ...
Ein kleiner roter Flieger sucht nach dem besten Platz …

Jetzt fehlt nur noch ein guter Platz für die kleine freie Gutsbibliothek. Ein kleiner roter Flieger segelt bereits durch den Garten und über das Gut, um einen Platz zu finden. Schön wäre sicher ein Platz direkt an der Gutsstraße, aber da müssen wir Jens, unseren Nachbarn fragen.

Während es draußen regnet und es langsam dunkler wurde, konnte ich mich um den weiteren Bestandsaufbau kümmern. Kerzen wurden angemacht und ein Stapel Bücher für den Bestand der kleinen Bibliothek vorbereitet.  Aber seht selbst:

Bücherstapel für die kleine freie Gutsbibliothek
Bücherstapel für die kleine freie Gutsbibliothek

Krimis sind dabei, Sachbücher, und selbst Klassiker, die mehrmals vorhanden oder nicht mehr gelesen werden. Das war aber nicht alles, was diese Karwoche noch geschehen ist. Die amerikanischen Freunde der kleinen Bibliotheken haben viel Freude daran ihre Bibliotheken zu schmücken und zu verschönern und so habe ich auch einiges gekauft, was zu einer kleinen Dekorationsaktion führen wird. Über Geschmack läßt sich streiten, aber ich fand es passend. Jetzt denke ich sogar über eine Lichterkette nach. Ich stehe zu meinen Kitschgefühlen.

Dekoration für die kleine freie Gutsbibliothek
Dekoration für die kleine freie Gutsbibliothek

Apropos Kitsch, die kleine freie Gutsbibliothek ist jetzt bei Twitter. Damit reicht es aber mit unsozialen Medien, F-buch, never ! Frohe Ostern!

Eure kleine freie Gutsbibliothek

Bestandsaufbau, Gutsbibliothek, Lesestoff

bestand1Natürlich wird weiter an der Bibliothek gebaut, inzwischen ist das Dach (4. Bautag) fertig. Die Fertigstellung rückt immer näher. Heute soll aber etwas anderes Thema sein:

Wie ich bereits angedeutet habe, wird es Zeit für den Bestandsaufbau. Da ich im Moment ein Regal zu Hause ausräume, fallen mir auch eine Menge Bücher in die Hände, die ich wahrscheinlich nicht mehr (nicht noch einmal) lesen werde, aber die ich trotzdem für lesenswert halte und die einen Platz in der kleinen freien Gutsbibliothek finden sollen und danach in Welt aufbrechen können. Tatjana Kruses Krimi mit dem witzigen Titel „Sticken, stricken, strangulieren“ macht den Anfang. Andere schöne Bücher werden folgen. Wie ich andeutete, soll auch ein attraktives Leseangebot in die kleine Bibliothek kommen. Ich hoffe, das läßt sich verwirklichen. Und natürlich soll das Angebot auch nicht durch meine Bücher erfolgen. Es heißt ja, Nimm bitte ein Buch, bring bitte ein Buch…

Eure kleine freie Gutsbibliothek

 

Buchbesprechungen, Lesestoff

Der Winter ist eine wundervolle Zeit zum Lesen
Der Winter ist eine wundervolle Zeit zum Lesen

Neben Bau und Einrichtung einer kleinen freien Gutsbibliothek sollen an dieser Stelle auch Buchbesprechungen ihren Platz finden. Auch wenn diese Titel  nicht immer sofort in der kleinen Gutsbibliothek landen (weil ich mich noch nicht davon trennen kann).

Im Winter habe ich eine Menge gelesen, auch Romane. Vier davon liegen neben mir auf einem Stapel. Alle passen, obwohl sie nicht durchgehend im Winter spielen, gut in diese Jahreszeit. Alle vier sind mit einer  warmen Traurigkeit angefüllt, so angenehm und herzlich, dass ich nach dem Lesen nicht verzweifelt, sondern berührt, angerührt gar, war. Jedes Buch hat zudem eine eigene Geschichte, die ich beim Besprechen nicht verschweigen möchte.

Jocelyne Sauciers Roman „Ein Leben mehr“ erschienen 2015 im Inselverlag hat mir Gabi Scheller, Buchhändlerin in Büsum, empfohlen. Mit dem Buch geht es tief in die nordkanadischen Wälder. Drei alte Männer leben dort, verstecken sich jeder auf seine Weise vor der Welt. Sie werden von Steve versorgt, dem das einzigste Hotel in der Gegend gehört und der zusammen mit dem anderen Unterstützer der alten Herren, Bruno, eine Hanf-Plantage in der Nähe der kleinen Siedlung betreibt. Unterbrochen wird diese Männer- und Marihuana-Idylle von einer Fotografin, die Nachforschungen über Überlebende der großen kanadischen Waldbrände zu Beginn des 20. Jahrhunderts anstellt. Gleichfalls gesellt sich Brunos 82jährige Tante zu den Männern. Diese arme Frau war als Jugendliche für verrückt erklärt worden und den Rest ihres Lebens in Heimen weggesperrt gewesen. Sie wird nun von Bruno mit neuen Papieren ausgestattet und im Wald versteckt. Wie es mit dieser kleinen Gemeinschaft weitergeht, sei noch nicht verraten. Denn noch jemand versteckt sich sich dort im Wald und mit ihm endet auch das Buch: Der Tod. Aber:

…um den Tod muss man isch keine Sorgen machen, er lauert in allen Geschichten.

Saucier. Zitat aus „Ein Leben mehr“

Das klingt jetzt traurig, ist es aber nicht. Es ist ein wundervolles Buch für einen ganzen Abend mit einem Glas Rotwein oder einer Tasse Tee, während der Ofen bollert und draußen die Bäume rauschen. Die 190 Seiten flogen nur so an mir vorbei. Saucier ist eine geschickte Autorin, die eine einfache Geschichte spannend und anrührend zu erzählen weiß. Stilistisch sollte sie noch etwas mutiger werden, so meine Meinung, sie sollte sich vom nordamerikanischen Schreibschulestil lösen und mehr experimentieren.

Mit Natalio Gruesos „Der Wörterschmugler“ erschienen 2015 bei Atlantik kehren wir  Europa zurück, nach Spanien. Genauer gesagt, spielt die Handlung an vielen Orten: In Lateinamerika, in Nordamerika, am Genfer See und besonders in Venedig. Gekauft habe ich den Roman in den Neujahrsferien in Stralsund. Aber auch meine kleine Buchhandlung um die Ecke hatte den „Wörterschmuggler“ herumliegen. Grueso scheint wie einige spanische Autoren im Moment dem Anekdotenroman-Wahn verfallen zu sein. So gibt es auf den knapp 251 Seiten nicht eine fortlaufende Handlung, sondern 12 Geschichten inkl. Rahmenhandlung (sofern man es Rahmenhandlung nennen kann). Insgesamt macht das Werk einen sehr fragmentarischen Eindruck. Einige Geschichten haben dennoch mein Herz erreicht, so z.B. „Der Mann, der Bücher verschrieb“. Der Argentinier Horacio Ricott, der Bücher wie Medikamente verschreibt, ist nicht die Hauptperson des Romans, sondern der Ex-Kellner und Abenteurer Bruno Labastide, der als gealterter Dandy in Venedig auf die Gunst einer schönen Japanerin hofft. Diese sehr exzentrische Dame prostituiert sich jeden Abend für das schönste Gedicht oder die schönste Geschichte, die ihr zugesandt wird. Jeder Dichter darf selbstverständlich nur einmal. Labastide hofft, das er die schöne Japanerin länger an sich binden kann.

Was bei Saucier zu viel Schreibschule war, ist es hier bei Grueso zu wenig. Kurz: „Der Wörterschmuggler“ ist der in Anekdoten zerfallende Erstling eines undisziplinierten Spaniers. Ich mag es trotzdem.

Nach dem Einsamkeitsroman von Grueso, müssen wir wieder unseren alten Bekannten, den Tod, zu Wort kommen lassen: Denn Sieben Minuten nach Mitternacht von Siobhan Dowd erschienen 2011 bei cbj definitiv der letzte Roman der Autorin, sie verstarb bereits 2007 an Krebs. Patrick Ness hat ihr letztes Buch nach ihren Entwürfen fertiggeschrieben und Jim Kay hat es genial illustriert. Das Buch fand irgendwie zu mir. Ich vermute, es kam als Mitbringsel oder Geschenk. Der Roman ist eine Mischung aus realistischen Jugendroman, irischer Märchengeschichte und trauriger Krankengeschichte. Trotz der wundervollen Illustrationen und der teilweise märchenhaften Handlung hat es sehr betroffen gemacht. Die Hauptperson ist der Junge Conor O’Malley, der sich einem Monster, dem Mobbing an seiner Schule und dem drohenden Krebstod seiner Mutter stellen muß. Zu allem Ungemach taucht auch noch seine Großmutter auf, die völlig anders ist als Conor und seine Mutter. Zu seinem Vater in die USA kann er nicht gehen…  Märchen, Krebstod und Mobbing sind die Themen von „Sieben Minuten nach Mitternacht“. Handwerklich gibt es gar nicht zu bemängeln. Siobhan Dowd hat ein großartiges Vermächtnis hinterlassen und Patrick Ness hat es großartig vollendet. Das traurigste Buch in diesem Vorstellungsreigen.

Um Mobbing in der Schule geht es auch in Sara Lövestams „Herz aus Jazz“ erschienen 2015 bei

Und so schauen die vier Titel aus
Und so schauen die vier Titel aus

Rowohlt Tb.  Noch ein Buch über das Erwachsenwerden also! Seltsamerweise erscheint es in der Rowohlt Erwachsenenreihe, ist aber vielleicht ganz gut so. Zur Handlung: Steffi Herrera wächst in einem kleinen schwedischen Ort auf und wird an der öffentlichen Schule bis fast zur Unerträglichkeit gemobbt, real und virtuell. Keinen Lehrer scheint es zu interessieren. Doch auch wenn es für Steffi immer unerträglicher wird, sogar ihr Musikinstrument zerstört wird, bleibt sie sich treu, interessiert sich für Jazz und versucht in der Schule zu überleben. Eines Tages lernt sie den alten Alvar kennen, der im Altenheim ein Grammophon besitzt und Jazzplatten aus den vierziger und fünfziger Jahren hört. Es stellt sich heraus, dass Alvar „Küken“ Svenson, der auch aus Steffis kleinen Ort kommt, einst ein berühmter Jazzbassist in Stockholm war. Auch Steffi spielt Bass und bringt sich selbst Klarinette bei. Ihr Traum ist es, an einer Musikschule angenommen zu werden. Das melancholische Buch von Lövestam erzählt in einem zweiten Handlungsstrang die Geschichte der Liebe von Alvar und Anita, die sich in Stockholm kennenlernen.  Alle drei, Steffi, Alvar und Anita, haben ein Herz aus Jazz.  Mehr wird nicht verraten. Es ist ein Buch nicht nur für Jazzliebhaber, sondern für alle, die Geschichten über starke (Mädchen) Frauen lieben. Das „Herz aus Jazz“ habe ich in einer der kleinen Buchhandlungen im Steinweg entdeckt. Dafür ganz herzlichen Dank.

Eure kleine freie Gutsbibliothek